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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 1.1999
Seite: 50
(PDF, 33 MB)
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Ein weiterer Kassenbeleg lautet: „Am 15. Dezember 1870 wurde den notorisch
armen Soldaten, welche den Feldzug gegen Frankreich mitmachen, noch eine
besondere Spendung von 6 fl 43 Kr. verabreicht, wofür der hiesige Gemeinderath
quitierte."

Wie man sieht, dachte man zu Weihnachten ganz besonders an die Kriegsteilnehmer
. Leider mußten die Bellinger auch einen jungen gefallenen Soldaten beklagen
. Ihm zum Gedenken errichteten die Bewohner südwestlich der Kirche auf
dem Friedhof einen Gedenkstein mit folgender Inschrift:

Zum Andenken an den gefallenen Josef Lang von hier,
den Heldentod gestorben bei Chagey/Frankreich
am 10. Januar 187L im Alter von
18 Jahren. 6 Monaten und 10 Tagen.

Wenn man den Vorgang im nachhinein betrachtet, so kommt einem der Angriff
auf Bellingen fast wie ein Bubenstreich vor. Was war denn beim „Überfall" tatsächlich
passiert? Ein paar Telegraphenmasten wurden gefällt. Trauben geklaut
und in einer Wirtschaft gezecht. Dort hätten sich die Franzosen, so wird von den
Einheimischen gesagt, anständig benommen und ihre Zeche bezahlt. Den Bellin-
gern versicherten die Eindringlinge, sie wollten niemandem etwas tun. wenn man
sie in Ruhe ließe. Wie Pfarrer Huber schrieb, wurde durch sie niemand verletzt
oder beraubt. Daß die ..Besucher" auf dem Rückzug einige Waidlinge mitgehen
ließen, wird man ihnen kaum ernstlich verübeln wollen - die ..Helden" mußten
schließlich ihren Landsleuten einen Beweis der Tapferkeit bringen. Der Besuch
der ..Feinde" war an und für sich harmlos. Erst das, was die aufgeputschte und
fanatisierte Masse daraus machte, hatte Tote und Verwundete zur Folge. Wie man
nachlesen kann, besuchten also schon damals einige Klein-Landauer ihren Nachbarort
Bellingen, wenn auch in nicht freundlicher Mission. Man darf jedoch mit
Recht fragen, ob es sich die Bellinger wohl vor knapp 130 Jahren vorstellen
konnten, daß jenes Dorf einmal ihre Partnergemeinde werden würde. Wer hatte
damals damit gerechnet, daß man sich heute über Besuche der Klein-Landauer
freut, miteinander Lieder singt. Probleme gemeinsam zu lösen versucht und
Freundschaften schließt und daß so über Jahrhunderte sich hinziehende Auseinandersetzungen
doch noch zu einem glücklichen und versöhnlichen Ende gelangten?

Wenn wir die vergangenen Jahrhunderte hier im Markgräflerland Revue passieren
lassen, so sind sie geprägt von deutsch-französischen Kriegen. Plünderungen.
Brandschatzungen. Raub und Totschlag. Die einheimische Bevölkerung, die größtenteils
unter armseligen Verhältnissen dahindarben mußte, die geplagt wurde von
Steuern und Abgaben, sie hatte am meisten unter diesen Ereignissen zu leiden,
denn die jeweiligen Grundherren legten die Kontributionen ganz einfach auf ihre
Untertanen um. Wir müssen dankbar sein, daß heutzutage Ereignisse, wie sie
damals geschahen, nicht mehr vorkommen, und daß unterdessen zwischen Franzosen
und Deutschen nicht nur in Kontakten v on Privatpersonen, sondern bis in die
höchsten staatlichen Ebenen hinein Freundschaft und Vertrauen besteht. Es muß
die Aufgabe unserer Generation sein, im Bewußtsein dessen, was einmal war und

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