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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 1.1999
Seite: 104
(PDF, 33 MB)
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gelte Repräsentationswut die gute alte deutsche Baukunst des Klassizismus, einschließlich
des Biedermeier, in Stadt und Land verdrängt hatte. So löste sich die
Heimatstilbewegung keinesfalls von Vorbildern aus früherer Zeit. Ihre Sympathie
galt der ..Zeit um 1800" im weiteren Sinne, also dem Bauen vor dem Aufkommen
der Neostile bis zurück zum Spätbarock, ohne sich auf dessen überschwängliche
Seiten einzulassen.

Auch an Bauten mit Jugendstilmerkmalen können wir Aspekte entdecken, die
durchaus im Sinne der Heimatstilbewegung sind. Umgekehrt machten deren Vertreter
entschieden Front gegen den in ihren Augen dekorationssüchtigen und die
Architektur aufweichenden Jugendstil, von dessen Pionierleistungen sie andererseits
wohl auch profitierten. Man sollte auf jeden Fall Gebäude der Zeit zwischen
1900 und dem Ersten Weltkrieg nicht einfach in die Schublade ..Jugendstil" verfrachten
, sondern sich bei der sorgfältigen Betrachtung dieser Bauten genauer
fragen, wes Geistes Kind sie im einzelnen sind. Dabei wird man fast immer
Verquickungen und Synthesen entdecken.

Wenn man z.B. das Wohnhaus (Abb. 26) Feldteichstraße 8 in Brombach (1907)
genauer ins Auge faßt, wird man einerseits den Jugendstileinfluß beim geschwungenen
Querholz am Rundbogenfenster des Erdgeschosses und dem bogigen Fachwerk
erkennen, andererseits auch die im Heimatstil beliebte Verschindelung des
Obergeschosses und ein eindeutig englisches Landhaus-Motiv entdecken, nämlich
einen kleinen, flach sich vorwölbenden Fenstererker (bay-window) unter einem
vorkragenden, teils fachwerkgeschmückten. teils verschindelten Giebeldreieck.
Das Motiv findet sich mehrfach in unserem Landkreis. In den Proportionen den
englischen Vorbildern näher (z.B. bei Ch. Voysey) entdeckt man es u.a. am großen
Wohnhaus in Todtnau, Schönaustraße 13/15.

Impulse von Jugendstil, Heimatstil. Landhausbewegung. Bewegung „Um 1800".
spätester Historismus, jetzt auch mit Neubarock und vereinzelt Klassizismus können
in recht unterschiedlicher Weise zusammenwirken. Bei dem im ganzen dem Jusend-
stil zuzurechnenden Badischen Bahnhof in Basel ist z.B. die klassizistische Komponente
durchaus gewichtig. Das Haus Picard, Schopflieim, Hauptstraße 43 ist zwar
barock angehaucht (Kolossalpilaster. Erkerdächlein. Korbbogenöffnungen des Erdgeschosses
, Abb. 27) bekennt sich mit seinen kühlen Figurenreliefs in den Brüstungsfeldern
aber auch zum Klassizismus. Ein eigentümliches Beispiel für die neue
Liebe zum Klassizismus stellt die Tempelgiebelfront der Müllheimer Sparkasse
(1912) dar. In der breiten Öffentlichkeit werden Gebäude wie das als Arzthaus
1904/05 errichtete „Haus Columban" in Schopflieim (Abb. 28) gerne als Jugendstilvillen
bezeichnet. Der Turmaufbau im Winkel der beiden Gebäudeflügel könnte zu
dieser Zuordnung wohl verführen. Der Schöpfer des Hauses, der damals in ganz
Deutschland bestens bekannte Kunstschriftsteller und Architekt Paul Schultze-
Naumburg. war aber einer der wichtigsten Vertreter der Heimatstilbewegung und
hatte für den Jugendstil nur Verachtung übrig! Bei näherem Hinsehen entpuppt sich
der jugendstilverdächtige Dekor an den Eingängen mit seinen Blattzöpfen und Draperien
als eindeutig klassizistisch.

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