http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-01/0141
oberen lag ich mit 4 Kindern, in der unteren lag meine Frau mit 3 Kindern. Die
Langenauer und Raitbacher waren neben uns in Bettennummer 59 und 60. Wir
waren ungefähr 2 Stunde auf dem See. so bekamen schon alle die Seekrankheit.
Eines lag da. das andere dort und mußten sich erbrechen. Und so währte es bei
einigen 2-3 bis 4-5 Tag. Bei einigen noch länger. Meine Frau hatte sie nur 2 Tag und
ich aber länger. Den Kindern machte es nicht so viel. Der Ludwig und das Lenele
hatten sie gar nicht bekommen und waren die ganze Reise immer gesund und wohl.
Lebensmittel hatten wir genug, aber man konnte nicht kochen wie man will, denn
der Platz in der Küche war zu klein für so viel Leute. Und man konnte manchmal
des Tages nur einmal kochen. Ja. es wurde etliche Mal ums Kochen geschlagen.
Auch sollte man das Fleisch von Haus mitnehmen, da das Havrerfleisch nicht gut
schmeckt und man hat kein Appetit dazu. Wir hatten 75 Pfund gefaßt, aber keine 20
gegessen. Was das beste ist auf dem Schiff ist Eier, Zwetschgen. Schweiz. Käs.
Kirschwasser und Wein: letzteres hatten wir auch ein Fässlein. Böringer von Rait-
bach hat es in Havre gekauft und er gab uns sehr viel davon. Überhaupt haben uns
diese Burschen sehr vieles gegeben von ihrer Sache, wo sie von Haus mitnehmen.
Nur Schlosser Greiner von Raitbach verfolgt uns. weil seine Frau den andern Burschen
nicht durfte kochen und es meine Frau besorgen mußte.
Schlechtes Wetter hatte wir immer, so daß wir in der ganzen Fahrt nicht 5 Tag auf
dem Verdeck konnten sein und bereits immer im Zwischendeck bleiben mußten, wo
es aber warm war. Wir hatten sehr viel Sturm und manchmal so stark, daß Kisten
und Kochgeschirr, wenn es nicht gut angebunden, herumgeschleudert und zertrümmert
wurde. Ja. in der Bettstatt mußte man sich fest halten und die Kinder heben. Ja,
der Sturm wütete einmal so stark, daß es ein 2 Schuh dicker Mastbaum entzweibrach
und das Wasser oben zum Verdeck hinein warf. So waren wir ohne Furcht 32
Tage auf dem Wasser. Den 29. März früh 10 Uhr kamen wir im Hafen in Neu York
an und zwar alle gesund und wohl. Auf dem ganzen Schiff sind nur 3 Kinder
gestorben, welche gleich ins Meer geworfen wurden. Im Hafen angekommen wurden
alle vom Arzt visitiert und nachdem keine ansteckende Krankheit gefunden
unter den Passagieren, konnten wir aussteigen. Wo wir aber über 4 Schiffe steigen
mußten, bis wir am Lande waren. Ich machte mich gleich fort mit Schütz und
Gustav Schmidt um meinen Vetter Gebhardt aufzusuchen. Dieser war aber nicht
gleich zu finden, da er nicht mehr im gleichen Logis war und weit entfernt in dieser
großen Stadt wohnte. Ich mußte deshalb mit meiner Familie in ein deutsches Wirtshaus
. Hier mußten wir 4 Tage in Kost u. Logis bleiben. Ich suchte Gebhardt auf.
welcher sich meiner aber wenig annahm, da er hörte, daß ich kein Geld und soviel
Kinder hatte. In Neujork konnte ich kein Logis finden, weil sie mir zu teuer waren.
Vetter Gebhardt ging den 4. Tag doch mit mir hierher nach Williamsburgh wo die
Logis viel wohlfeiler sind und nur 3/4 Stund von Neujork entfernt durch ein Wasser.
River genannt, geschieden, wo man alle Minuten darüber fahren kann. Wir mieteten
hier ein Logis, welche schon eingerichtet sind für Einwanderer. Ein Stube und
Kammer, die Kocherei hat man in der Stube, für den monatlichen Rent ( :Zins: ) von
20 Schilling d: (deutsches) Geld 6 f 15c. Dies sind hier die wohlfeilsten. Nach
139
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-01/0141