http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-01/0182
„[Anno] 1576 ist umb Diebstahls willen ein Judt zu Müllheim gehenckt worden,
ahn den Ort und Galgen da zuvor ein Judt gehenckt gewesen, [dieser Galgen stund
am Kreuzweg gegen Zunzingen]51. Haben sich beide taufen lassen. Sonst wehren
sie ahn die Füeß gehenckt worden. Der Letste ist aber doch nicht bestendig geblieben
."
Die Hinrichtung des zwangsgetauften, aber ..nicht beständig" gebliebenen Juden
wird in der Volkssage des 19. Jahrhunderts als Willkürakt des 1584 verstorbenen
Hans Hartmann von Habsperg gedeutet, der von 1565 bis zu seinem Tod Oberamtmann
der Herrschaft Badenweiler war und sich bei der Ausübung seines Amtes
manche Gewalttat erlaubt haben soll:61
..Einem Juden, welcher schon öfters wegen Diebereien gestraft worden, hatte er
für den nächsten Fall mit dem Henken gedroht. Als er nun eines Tags mit seinem
Diener und dem Hatschier von Müllheim gegen Sulzburg ritt, gewahrte er. von der
Höhe aus, den Juden, der bei Erblickung des Landvogts eilig die Flucht ergriff.
Letzterer ließ ihn jedoch durch seine Begleiter einfangen und dessen Zwerchsack
untersuchen, worin sich ein paar Hühner fanden, die der Jude, wie er gleich
eingestand, in Zunzingen gestohlen hatte. Da erinnerte Hapsperg denselben an
seine Drohung und ließ ihn durch seine Leute ohne weiteres an den nächsten
Nußbaum aufknüpfen. Dieser Platz, welcher an einem Kreuzweg liegt, wird davon
noch heute der Judengalgen genannt. Nachher berichtete der Landvogt dem Markgrafen
, daß er den Juden, vorbehältlich der höhern Genehmigung, habe henken
lassen und bat um deren Ertheilung. Diese erfolgte zwar, jedoch mit der Weisung,
künftig die Todesurtheile nicht nach, sondern vor der Vollstreckung bestätigen zu
lassen."
Anmerkungen
1) Stadtarchiv Müllheim: ..Miillheimer Gerichts=Protocoll von Anno 1608 bis 1670. Nro. 1.". fol. 142r
2) W'erner Fischer: Die Flurnamen der Stadt Müllheim in Baden - Ein Beitrag zur Sprachgeschichte und
Volkskunde des Markgräflerlandes. Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte. Band XII,
Freiburg 1964. S. 129
3) Die Existenz einer jüdischen Gemeinde in Sulzburg ist für die Jahre 1546-1576 urkundlich belegt.
Ludwig David Kahn: Die Geschichte der Juden von Sulzburg. Müllheim 1969. S. 14
4) Albert Julius Sievert: Geschichte der Stadt Müllheim im Markgräflerland. Müllheim 1886. S. 461
5) Christian Philipp Herbst: Chronik von Britzingen im Großherzogthum Baden. Freiburg 1841. S. 38
6) Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden. Karlsruhe 1851. S. 27-29 (Nr. 35 ..Der
Hapsperger"')
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