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noch als „kurzen Entwurf" sowie im gleichtags datierten ..Titelblatt" als „kurze
Beschreibung" bezeichnete, war er sich damals wohl schon über deren Struktur und
den thematischen Umfang im klaren, der Ausmaße, die sie erreichen sollte, aber
noch nicht bewußt. Vielleicht animierte ihn hierzu erst das persönliche Interesse des
Markgrafen, wie er im .Begleitschreiben" äußerte, der ihm auftragen ließ, „darinnen
ja fortzufahren ".
Der zitierte Schneefall war aber sicherlich nur der Anlaß für diese Arbeit,
denn man begegnet in E. F. von Leutrum einem offenbar kritisch-rationalen
Geist, dessen Leben geprägt schien von einer besonderen Affinität zu Ordnung
und Organisation, wie es auch der einleitende Satz seiner Vita vermuten läßt:
„Es ist der alte Bund, Mensch bestelle dein Haus, denn du mußt sterben'/' Somit
sind die Ursachen wohl zum einen nicht nur in der Sache selbst, sondern auch in
einem angenommenen praktischen Nutzen dieser Arbeit, dem „großen Licht und
Nachricht" über die zwei Herrschaften, wie er es im ..Begleitschreiben" formulierte
, zu suchen. Aufgrund E. F. von Leutrums Ausbildung. Stellung und bisherigen
Funktionen in der Staatsverwaltung und -Organisation erforderte das Regieren
mit Mitteln des Dirigismus und Interventionismus allumfängliches Wissen
, um adäquat zu handeln. Zum anderen scheint ihn aber auch der im „Begleitschreiben
" erwähnte Hofrat und geheime Archivar Karl Friedrich Drollinser.
dem das nach Basel ausgelagerte baden-durlachische Archiv unterstand, das
ebenso wie das röttelische Oberamtsarchiv in den Kriegen des vorangegangenen
Jahrhunderts durch Plünderung und Vernichtung massiv im Bestand reduziert
wurde, beeinflußt zu haben. Leider konnte deren intensiver Schriftverkehr über
diese Arbeit bisher nicht nachgewiesen werden, trafen sich doch sicherlich zwei
im Geiste verwandte Männer, denen es um die Wiederherstellung und den Erhalt
ging. Denn daß E. F. von Leutrum nicht nur staatsrechtliche und organisatorische
sowie wirtschaftspolitisch relevante Daten, sondern auch kulturhistorische
Aspekte erschloß und festhielt, zeigt die inhaltliche Zusammenstellung des „Fra-
genkataloges".
Letztlich wirft die ..Leutrumsche Handschrift" aber einerseits hinsichtlich ihrer
damaligen Notwendigkeit auch Fragen auf über den tatsächlichen Kenntnisstand
der Verwaltung und Herrschaft in Bezug auf das Land und die Bevölke-
rung und somit auf deren Regierbarkeit. andererseits wird sie einer Beschrei-
bung nicht gerecht, obwohl durch E. F. von Leutrum so bezeichnet. Sicher ist
dieser Begriff im Sinn von ..wiedergeben" oder ..Kunde von etwas geben", in
seinem „Begleitschreiben" nennt es E. F. von Leutrum „Nachricht", zu verstehen
. Da er sich jeglicher Interpretation der Inhalte enthält, sind z. B. seine
Kommentare auch als solche deutlich gekennzeichnet. Die Gesamtleistung liegt
also in der Idee der systematischen Sammlung und objektiven, zum Teil wörtlichen
Wiedergabe der Fakten, deren Auswertung. Deutung und Beschreibung
dem Verwender überlassen werden sollte. Somit ist die „Leutrumsche Handschrift
" eine bedeutende historische Quelle authentischer Daten, ein Fixpunkt
und Wegweiser für die Geschichtsforschung.
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