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tionen, sondern in erster Linie seiner in viele Sprachen übersetzten Kosmographie.
einer vergleichenden Länder-und Völkerkunde. Dem Bergbau und der Metallgewinnung
kommt in diesem Werk eine besondere Bedeutung zu: dies gilt vorab für
Münsters endgültige Redaktion, die Ausgabe von 1550.21
Nicht zu allen Zeiten brachte man dem Bergbau Sympathie entgegen. Im Altertum
überwog die Skepsis, da man das Eindringen in den Schoß der Mutter Erde
als Frevel empfand: „Man drang in die Eingeweide der Erde und grub Schätze aus.
die sie verborgen hatte..., Lockmittel zum Bösen, und schon war das Eisen und das
Gold, welches schädlicher ist als Eisen, zutage getreten. Es entsteht daraus der
Krieg, welcher mit beiden Metallen kämpft." Mit diesen Worten schildert der
römische Dichter Ovid (43 v. Chr. - 17/18 n. Chr.) das frevelhafte Treiben der
Menschen des eisernen Zeitalters. Nach seiner Ansicht hat der Mensch mit seinem
Eindringen ins Innere der Erde die ihm gesetzte Grenze überschritten und damit
ein Verbrechen begangen, dessen Ergebnis der Krieg ist.3'
Ähnlich wie Ovid urteilt um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. der gelehrte
ältere Plinius (23/24 - 79 n. Chr.) in seiner umfassenden Naturgeschichte (Naturalis
historia): Mutter Erde ist gütig, mild und nachsichtig gegenüber uns Menschen
; wir aber erweisen uns als undankbar und schädigen die Erde nachhaltig.
Mag es noch angehen, was wir an ihrer Oberfläche anrichten: „Wir dringen aber
auch in ihre Eingeweide, graben nach Gold- und Silberadern, nach Erz und Blei:
wir suchen nach Schmuck- und anderen Steinen, nachdem wir Schächte in die
Tiefe gegraben haben." Auch Plinius ist davon überzeugt, daß bei dieser Tätigkeit
die gewonnenen Reichtümer letztlich Verbrechen. Mord und Krieg zur Folge haben
(ad scelera caedesque et bella tendunt).4'
Skepsis gegenüber der Metallgewinnung äußert auch der Historiker Tacitus (um
55 - nach 115 n. Chr.). In seiner wahrscheinlich im Jahre 98 n. Chr. erschienenen
Schrift über „Ursprung und Lage der Germanen", kurz: „Germania" genannt, findet
sich die Bemerkung, ob es gnädige oder zornige Götter waren, die den Germanen
das Silber und das Gold versagten, möchte er nicht entscheiden. Allerdings
wolle er aber nicht behaupten, es gebe in Germanien keine Silber- oder Goldadern.
„Denn wer hat je danach geforscht (quis enim scrutatus est)?" 51
Mit solchen Skrupeln ist Cassiodor (um 490 - um 583 n. Chr.), der berühmte
römische Gelehrte und Staatsmann am Hofe Theoderichs des Großen, nicht belastet
. Ausführlich beschreibt er die Arbeiten und Gefahren des Bergbaus. Mit
Hilfe der Technik soll man ins Erdinnere eindringen und die reiche Natur in ihren
Schatzkammern erforschen. Das sei freilich nicht ungefährlich, verspreche aber
reichlichen Gewinn, der ethisch zu rechtfertigen sei, da niemand dadurch zu Schaden
komme und die gewonnenen Edelmetalle keinem bestimmten Besitzer entzogen
würden.6'
Eine derart wirklichkeitsbezogene Einstellung zum Bergbau, wie sie an der
Wende von der Spätantike zum frühen Mittelalter bei Cassiodor anzutreffen ist,
finden wir auch bei oberrheinischen Schriftstellern des 16. Jahrhunderts. Um 1599
verfaßte der Basler Kaufmann Andreas Ryff (1550-1603), durch seine Heirat mit
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