http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2000-01/0091
Und 's Immli sieht's und fliegt druflos,
früeih in der Sunne Morgeschin.
Es denkt: Das wird mi Caffl si;
si kenn doch chosper Porzelin.
Wie sufer sin die Chächeli gschwenkt!
Es streckt si troche Züngli dri.
Es trinkt und seit: „ Wie schmeckt's so süeß,
do mueß der Zucker wolfel si."
Viel weniger häufig als in den Alemannischen Gedichten ist in den Kalendergeschichten
von Speis und Trank die Rede. Vom Thema Essen und Trinken leben
aber doch rund ein halbes Dutzend, so etwa jene, die mit ,Das wohlfeile Mittagessen
' überschrieben ist.
Es ist ein altes Sprichwort: „ Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst darein. "
- Aber der Löwenwirt in einem gewissen Städtlein war schon vorher darin. Zu
diesem kam ein wohlgekleideter Gast. Kurz und trotzig verlangte er für sein Geld
eine gute Eleischsuppe. Hierauf forderte er auch ein Stück Rindfleisch, und ein
Gemüs, für sein Geld. Der Wirt fragt ganz höflich, ob ihm nicht auch ein Glas
Wein beliebe? „O freilich ja", erwiderte der Gast, „wenn ich etwas Gutes haben
kann für mein Geld." Nachdem er sich alles hatte wohl schmecken lassen, zog er
einen abgeschliffenen Sechser aus der Tasche und sagte: „Hier, Herr Wirt, ist
mein Geld."
Ich zweifle nicht daran, daß Ihnen bestens bekannt ist, wie in der Kalendergeschichte
,Das Mittagessen im Hof das mittägliche Mahl im Hof gelandet ist. aber
ich kann es mir nicht verkneifen. Ihnen die betreffende Passage daraus vorzulesen:
So kam einmal der Herr sehr verdrüßlich nach Hause und setzte sich zum
Mittagessen. Da war die Suppe zu heiß oder zu kalt oder keines von beiden; aber
genug, der Herr war verdrüßlich. Er faßte daher die Schüssel mit dem, was
darinnen war, und warf sie durch das offene Fenster in den Hof hinab. Was tat
der Diener? Kurz besonnen warf er das Fleisch, welches er eben auf den Teller
stellen wollte, mir nichts, dir nichts, der Suppe nach auch in den Hof hinab, dann
das Brot, dann den Wein und endlich das Tischtuch mit allem, was noch darauf
war, auch in den Hof hinab.
Wer hätte das gedacht! Auch in den .Drei Wünschen', wo Hans und Lise wenig
denken, jedenfalls nichts Gescheites, geht es ums Essen:
Des andern Abends, während die Kartoffeln zum Nachtessen in der Pfanne
prasselten, standen beide, Mann und Frau, vergnügt an dem Feuer beisammen,
sahen zu, wie die kleinen Feuerfünklein an der rußigen Pfanne hin und her züngelten
, bald angingen, bald auslöschten, und waren, ohne ein Wort zu reden,
vertieft in ihrem künftigen Glück. Als die Frau aber die gerösteten Kartoffeln aus
der Pfanne auf das Plättlein anrichtete, und ihr der Geruch lieblich in die Nase
stieg: - „ Wenn wir jetzt nur ein gebratenes Würstlein dazu hätten ", sagte sie in
aller Unschuld, und ohne an etwas zu denken, und - o weh, da war der erste
89
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2000-01/0091