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Truppenbestände in Weil vorübergehend im Quartier. Frankreich musste Elsass-
Lothringen an das Deutsche Reich abtreten und eine hohe Reparationssumme
zahlen. In Versailles wurde am 18. Januar 1871 König Wilhelm L von Preußen
zum Deutschen Kaiser ausgerufen. Die für Weil so bedeutungsvolle Industrie,
Kleingewerbe, Handel und Verkehr nahmen danach einen erfreulichen Aufschwung
und brachten Wohlstand unter die Einwohner.
Die Industrie in Friedlingen
Der Weiler Stadtteil Friedlingen gehörte seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zu
den wichtigsten Standorten der Textilindustrie in der weiteren Region. Nach der
Gründungsphase zwischen 1881 und 1901 haben internationale Konsortien
schweizerischer und elsässischer Unternehmer, vor allem aber Schweizer Industrielle
, dem Bild des Stadtteils im südwestlichsten Zipfel der Republik mit den
großen Fabrikanlagen und Arbeiterwohnungen das entscheidende Gepräge gegeben
.
Die Mülhauser Fabrikanten Louis und Dietsch erachteten Friedlingen als günstigen
Standort für die neuen Textilbetriebe am Rande der Stadt Basel. Zwischen
1880 und 1882 wurde ein kleiner Färbereibetrieb gegründet, der 1884 wieder
einging. Ein Konsortium aus Einzelkaufleuten und Textilfirmen des Mülhauser
und Basler Bezirks übernahm dann die Anlage und gründete 1884 die „Aktiengesellschaft
Schusterinsel", die sich mit dem Färben von Strang- und Bandseide
beschäftigte, aber bereits 1901 Konkurs anmeldete. Mehrere Schweizer Firmen
erwarben das Gelände und gründeten am l. Juni 1901 die Firma „Färberei und
Appretur Schusterinsel GmbH", die sich durch neue Produktionsmethoden so
günstig entwickelte, dass die Belegschaft von anfänglich 53 Beschäftigten auf
1 200 Arbeitnehmer im Jahre 1914 anstieg. Schwierige Phasen während der beiden
Weltkriege (1914 - 1918 und 1939 - 1945) wurden nur durch eine kurzfristige
Blüte während der Dreißigerjahre unterbrochen. Nach anfänglicher Zerstörung im
Jahre 1944 erholte sich der Betrieb in den Fünfzigerjahren, wurde aber von der
Krise der Textilindustrie in Europa schon Ende der Sechzigerjahre ergriffen, so
dass die letzten dreihundert Beschäftigten 1973/74 entlassen wurden und das Maschinen
-Inventar an die KBC in Lörrach verkauft werden musste. 1987 wurde das
Firmenareal von der Stadt Weil am Rhein übernommen.
Noch früher war das Schicksal der Färberei Schetty besiegelt, die 1898 durch
die Basler Firma Josef Schetty zwischen der heutigen Zollstraße und dem Rhein
gegründet wurde und 1988 dem Neubau des Rheincenters gewichen ist. Das mittlerweile
unter Denkmalschutz stehende „Glashaus" (1928) ist letzter Zeuge des
einstigen Firmenareals, in dem bis zur Stilllegung der Firma im Jahr 1970 bis zu
700 Arbeitnehmer beschäftigt wurden.
Als jüngster Zweig der Friedlinger Textilbetriebe verlegte die Firma Schwarzenbach
ihren Sitz vom elsässischen Hüningen zwischen 1923 und 1925 an die Ried-
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