http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2001-01/0152
daß seit der Zeit, wo die Herrschaft Rötteln die Gefälle an sich gezogen habe,
diese Gelder nur noch spärlich für die Bauzwecke, für die sie einst bestimmt
waren, verwendet würden, während früher, als jede einzelne Pfarrei noch diese
Gelder selber einziehen und über sie verfügen konnte, die Gebäude besser im
Stand gehalten worden seien.
Das gleiche gilt für die Kirchengebäude. Die Klagen gehen von fehlenden Türen
über verfaultes Gestühl, schlechte Böden und Dächer bis zu wackelnden Türmen,
wenn die Glocken geläutet werden.
Auch am Kircheninventar zeigen sich vielerorts noch die Nachwirkungen des
vorangegangenen Krieges: verlorene Kirchenbücher wie in Rötteln, zerschlagene
Taufsteine, keine Altar- und Kanzeltücher, nach Basel versetzte Glocken und
fehlendes Taufgerät.
In ziemlich ruinösen Zustand waren die Friedhöfe geraten. Das örtliche Kirchenvermögen
hatte dadurch Einbuße erlitten, daß wegen der schlechten Zeiten
Jahre hindurch die Zinsen nicht eingezogen werden konnten. Auch ergaben sich
über diese Zeit Mißstände dadurch, daß die vorgeschriebenen jährlichen Abrechnungen
zum Teil unterblieben, und diese Bequemlichkeit hat bei einigen noch
längere Zeit nachgewirkt. Nach der Vorschrift sollte der Pfarrer die Schlüssel und
der Pfleger die Opferbüchse in Händen haben, und nur gegen Anweisung durfte
zur Unterstützung der Armen etwas entnommen werden. Einige Pfarrer behielten
der Einfachheit halber das ganze Almosenwesen in ihrer Hand, woraus etliche
Unannehmlichkeiten entstanden.
Zu den Aufgaben des Visitators gehörte auch, obwohl es sich um keine kirchliche
Angelegenheit handelte, die Erkundigung nach dem Verhalten der weltlichen Vorgesetzten
, der herrschaftlichen Beamten, der Vögte, Richter usw. Dem Landvogt und Rat
von Gemmingen wird durchweg ein gutes Lob gespendet, insonderheit wegen seiner
Freundlichkeit. Zahlreich sind dagegen die Klagen über den Landschreiber Menzer,
die alle in der einen Richtung gehen, daß er sich schmieren lasse und parteiisch sei und
die beim Oberamt anhängigen Sachen sehr langsam behandelt würden. Auch die
Vögte haben nicht immer die richtige Eignung für ihr Amt gehabt. „Der Brombacher
ist zugleich Wirt und zieht alles an sich, so daß ihm die Gemeinde stets schuldig sei,
auch habe er ein neu Recht eingeführt, das die armen Taglöhner zwinge, ihm jährlich
1 1/2 Juchert Matten abzumähen". „Der Hauinger Gemeindegewaltige kann keinen
Widerspruch leiden und schilt und flucht lästerlich".
Schulen befinden sich mit wenigen Ausnahmen an allen Orten. Weil die Kinder
im Sommer zu Feldarbeit und Viehhüten gebraucht werden, ist in den Landorten
nur den Winter über Unterricht. Nur Schopfheim und Rötteln halten das ganze
Jahr durch Schule. Aber auch zur Winterszeit ist mancherorts das Interesse an der
Schule ein geringes. In Rötteln werden die Kinder nur liederlich, namentlich den
Sommer hindurch, in die Schule geschickt. Wo Schulhäuser fehlen, weil meist im
Krieg verbrannt, lehrt der Lehrer meist in seinem eigenen Haus. In Rötteln unterrichtet
Herr Erhard von Holzen. Der Sigrist wohnt mit dem Pfarrer in einem Haus,
was nicht ohne Verdruß abgeht.
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