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steckten Drohung, daß im Falle der Weigerung Amtsentsetzung und Verbannung
aus der Markgrafschaft zu gewärtigen sei. Nun verlangte Grynäus eine kurze Frist,
um die Sache mit den Brüdern der Diözese zu besprechen. Er erinnerte daran, wie
im Jahre 1530 Kaiser Karl V. von den deutschen Staaten auch eine ähnliche
Unterschrift verlangt, diese aber sie verweigert hätten und doch alles gut ausgefallen
sei. Die Anathematismen zu unterschreiben, finde er nicht geraten, da der
Streit ihn und seine Freunde nichts angehe; sie wollten die, gegen welche der
Fluch der Verdammnis geschleudert worden, dennoch für ihre Brüder halten, für
sie beten. Man müsse auf die benachbarten Basler blicken, von denen freilich
manche unterschrieben, es aber bald bereut hätten.
Ähnlich sprach Christoph Aichinger, Pfarrer von Schopfheim; er machte besonders
auf die Schwierigkeit aufmerksam, über ein Buch zu urteilen, das so schwierige
dunkle Gegenstände über die himmlischen Geheimnisse mit Gründen und
Gegengründen behandle. Durch Zustimmung zu den Anathematismen würde das
Band brüderlicher Gemeinschaft hier und vielleicht auch in der Welt zerrissen. So
einigten sich die Gegner der Unterschrift, folgende zwei Punkte zu verlangen :
1) Da das Buch vielen noch nicht recht bekannt ist, so ist eine Frist zu näherer
Besprechung zu gestatten.
2) Zu diesem Zwecke soll jedem Mitglied ein Exemplar zugestellt werden.
Sulzer äußerte über diese Begehren sein Befremden, da er solchen Widerspruch
nach dem Vorgang der Synoden zu Pforzheim und Durlach, wo ohne Widerrede
die Unterschrift geleistet worden sei, nicht erwartet hätte. Der Vorsitzende, ziemlich
entrüstet, mußte doch dem Begehren entsprechen und sprach in barschem
Tone: „Ich will euch einen Monat geben; nach Verfluß desselben werdet ihr eine
entschiedene Antwort geben".
Wirklich beharrten die Pfarrer auf ihrer Forderung mit der Bemerkung, die
Brüder in Pforzheim hätten vielleicht die Sache schneller und hastiger aufgefaßt
als sie. Sie vereinigten sich nun zur Abfassung einer Bittschrift an die erlauchte
Fürstin Witwe, darin sie baten, man möchte sie mit der Nötigung zur Unterschrift
verschonen, und Grynäus redete Sulzer in diesem Sinne noch zu. Manche Pfarrer
nannten die Konkordienformel eine unglückliche Geburt, andere den Apfel der
Eris, wieder andere sagten, sie enthalte unzählige Irrtümer, und etliche erklärten
sogar, sie wollten lieber abgehauen und geschlagen werden, als unterschreiben. In
Basel ging damals das Gerücht, im Badischen müsse die Sache mit zweizinkigen
Waffen ausgefochten werden.
Bis zur Abhaltung der nächsten Synode benützten die Pfarrer die Zeit zu einer
Besprechung über die schwebende Angelegenheit. Diese Besprechung fand in
Binzen statt. Einstimmig wurde von den Anwesenden beschlossen, die Unterschrift
zwar zu leisten, aber mit Ausnahme der Anathematismen und des Artikels
über das hl. Abendmahl. Die Formel, die zur Unterschrift vorgeschlagen wurde,
lautete: Die Lehre, die in diesem Buch ausgelegt und enthalten ist, halte und
erkenne ich für wahr und gesund. Die entgegengesetzten Irrtümer einzelner verwerfe
ich, die Personen und Kirchen verachte ich nicht, sondern überlasse die
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