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Basel. Diese stellten nicht nur Geld und Lebensmittel für Kinder zur Verfügung,
sondern verpflegten auch noch Studierende der Markgräfler Studentenaktion. Sie
erhielten in Schweizer Familien ein reichhaltiges Mittagessen. Die Basler leisteten
außerdem öfters „freundnachbarschaftliche Hilfe" durch Kartoffelsammlungen,
wenn die Not am größten war. Weitere Lebensmittel. Geldmittel und Medikamente
kamen vom Vatikan, aus Schweden, Norwegen. Irland. Spanien. Argentinien
und Brasilien. Hinsichtlich ihres Ausmaßes stand jedoch die Unterstützung aus
den USA mit der Quäker-Hilfe und der Organisation CARE an erster Stelle.
Die Ernährungskrise hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die physische wie
psychische Verfassung der Bevölkerung. Der Leiter des badischen Innenministeriums
Nordmann stellte im Mai 1947 in seinem Bericht fest: „Die Stimmung der
Bevölkerung ist im Hinblick auf die nicht ausreichende Ernährung sehr gedrückt
und gespannt." Im Monat Mai hatte das Ministerium neben zahlreichen Raubüberfällen
1 330 Diebstähle, vor allem von Nahrungsmitteln, zu registrieren. „Die
Ursache ist auf die derzeitige kritische Ernährungslage zurückzuführen." Typische
Hungerkrankheiten wie Typhus und Tuberkulose traten vermehrt auf. Der Bevölkerung
im Landkreis Lörrach kamen wiederum die Basler Nachbarn zu Hilfe, mit
deren Unterstützung die Todtmooser Klinik Wehrawald zur Behandlung dieser
Krankheiten wieder eröffnet werden konnte. Als die Säuglingssterblichkeit dramatische
Ausmaße annahm, war dagegen wenig Hilfe möglich - die stillenden Mütter
waren selbst unterernährt, die Muttermilch enthielt daher zu wenig Fett. Eine
Denkschrift der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg vom September
1945 prophezeite gar: „Der Hungerstod steht als Schicksal vor der Türe." Dieser
Aufschrei veranlasste die französische Besatzungsmacht, unter großen Anstrengungen
im Herbst 1945 zusätzliche Lebensmittel bereitzustellen. Sowohl die
Leistungsfähigkeit als auch die Arbeitsbereitschaft der Bevölkerung sank infolge
der unzureichenden Ernährung immer stärker ab. Das Arbeitsamt Freiburg berichtete
im August 1945. dass Einbesteilungen zu Arbeitseinsätzen in vielen Fällen
keine Folge geleistet würde, weil es den Arbeitern nicht möglich sei, aufgrund der
schlechten Ernährung längere Zeit zu arbeiten. Strafandrohungen zeigten auch
keine Wirkung, „da einfach erklärt wird, man könne mit ihnen machen, was man
wolle, sie könnten einfach nicht, und wenn sie eingesperrt würden, müßte man
ihnen auch zu essen geben. Viel weniger als die jetzigen Rationen könnte dies
auch nicht sein."
Leben von Zuteilung, Hamstern, Tauschen, Stehlen
und Käufen auf dem Schwarzen Markt
Die Sorge um die materielle Versorgung lastete in erster Linie auf den Frauen,
da sich viele Männer noch in Gefangenschaft befanden, beziehungsweise gefallen
oder vermisst waren. Auch innerhalb intakter Familien hing viel davon ab. ob die
Frau einteilen und wirtschaften konnte. Vor allem sie beschaffte, verteilte und
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