http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2001-02/0160
Die „Zeit der schönen Not" am Beispiel von Lörrach
Ein besonderes Anliegen der französischen Besatzungsmacht galt der Kulturpolitik
. Durch die schönen Künste und die Beschäftigung mit geistigen Dingen sollten
die Deutschen umerzogen und demokratisiert, man könnte auch sagen ..gezähmt
" werden. Aggressionen wollte man dadurch abbauen, was wiederum dem
Sicherheitsbedürfnis der Franzosen entgegenkam. Und wo konnte man leichter all
die Not und den Hunger vergessen als in der Welt der Illusion, im Kino. Theater
oder Konzert? Eine wohlüberlegte Konzeption steckte hinter dem französischen
Kulturprogramm, mit dem man vor allem die Jugend zu gewinnen suchte. Sie
hoffte man am leichtesten beeinflussen und umerziehen zu können. Sehr geschickt
ging man hierbei vor, indem beispielsweise vor einem französischen Theaterstück
zunächst ein deutsches auf die Bühne gebracht wurde, um die Zuschauer für sich
zu gewinnen und Vorurteile abzubauen. Ganz im aristotelischen Sinne sollte die
Jugend geläutert und ihnen die französische Sprache und Kultur nahe gebracht
werden. Aber nicht überall stieß die französische Kulturpolitik - sie umfasste auch
das Schul- und Universitätssystem - auf offene Türen: Während man in Müllheim
mit der Tournee des „Roi Cerf" nur mäßigen Erfolg erzielte, war der Theatersaal
in Lörrach gut gefüllt. Überhaupt scheinen die Badener wesentlich mehr Interesse
an der zur Hälfte fremdsprachigen Aufführung gezeigt zu haben, als die Jugend
Württembergs. In schwäbischen Städten wurde der Theatergruppe allgemein „wenig
Erfolg" zuteil.
Abb. 7: Das Lörracher Stadttheater im Markgräfler Hof. Es bot 450 Sitzplätze (Stadtarchiv Lörrach).
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