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ten. dass das neue Geld seinen Wert behalten würde. Im September wurde sogar
der Wunsch nach ..sofortiger Abwertung der Deutschen Mark" laut. Die Währungsreform
hatte erst einen Teil der Probleme lösen können, andere wie der
Lohn- und Preisstopp, die Steuerreform und eine neue Wirtschaftsordnung muss-
ten noch angepackt werden.
Ist die Währungsreform sozial?
..Im Dezember 1947. am Vorabend des Weihnachtsfestes, waren der Handel tot.
die Regale leer, die Läden verlassen, weil der reguläre Handel mit dem wertlosen
Geld sich nicht auszahlte. Die Einwohner irrten schlecht gekleidet, wie in Trance
auf der Suche nach Lebensmitteln quer durch die Stadt und hielten Ausschau nach
Schwarzmarktgeschäften. Im Dezember 1948 erscheint das allgemeine Aussehen
verändert, und der Kontrast ist ergreifend. Die wiederhergestellten und hell erleuchteten
Schaufenster in der Kaiser-Joseph-Straße waren im Überfluss mit Waren
ausgelegt, neben unbedingt nötigen Waren fanden sich Kleider. Ledersachen.
Spielzeug. Geschirr... Ein Wiederaufbaufieber hat sich endlich der Stadt bemächtigt
." So schilderte die Freiburger Militärregierung etwas euphorisch die Situation
Ende des Jahre 1948. Und in der Tat. nach der Währungsreform gab es fast wieder
alles. ..Der einzige Bezugsschein ist jetzt nur noch die Deutsche Mark", hatte
Ludwis Erhard, der ..Wirtschaftsministef der Bizone. bereits wenise Tase nach
Einführung der D-Mark im Rundfunk verkündet. Dies war insofern übertrieben,
als nach wie vor die wichtigsten Rohstoffe - Kohle beispielsweise bis 1952 - und
Nahrungsmittel bewirtschaftet wurden, aber rund 90 Prozent der Preisvorschriften
hatte man mit einem neuen Gesetz innerhalb eines Monats außer Kraft gesetzt.
Erhard vertrat engagiert das Konzept der neoliberalen Schule der Nationalökonomen
, das entscheidend von den Freiburgern Walter Eucken. Franz Böhm
und Alfred Lampe geprägt war und. als ..Soziale Marktwirtschaft" propagiert, den
Wettbewerbsgedanken an die Stelle des staatlichen Dirigismus setzte.
Doch zunächst war diese neue Wirtschaftsordnung alles andere als sozial. Hatte
die Währungsreform bereits die kleinen Sparer weitgehend enteignet, stiegen jetzt
die Preise selbst für bewirtschaftete Waren sprunghaft an. So meldete die Badische
Zeitung vom 27. Juli 1948: ..In aller Stille ist die Butter teurer geworden und
hat die Milch aufgeschlagen. Ein Pfund Butter kostet jetzt 2.58 Deutsche Mark
(bisher 2 Mark), ein Liter Vollmilch 36 Pfennig (bisher 30 Pfennig) und ein Liter
Magermilch 24 Pfennig (bisher 18 Pfennig)." Im Dezember 1948 kosteten 500 g
Kaffee 16 bis 20 DM und 100 g Schokolade 5 DM. Die immer noch raren Eier
waren auf dem Schwarzmarkt für 80 Pfennige das Stück zu haben. Insgesamt
erhöhten sich die Lebenshaltungskosten im zweiten Halbjahr 1948 um 17 Prozent.
Gleichzeitig blieb aber der bereits während der NS-Zeit verhängte Lohnstopp
bestehen. Viele Klagen über die hohen Preise und die „Währungsgewinnler" wurden
laut.
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