http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2003-01/0043
Dieses nach seinem Verfasser genannte Gesangbuch verschaffte Schäublin den
höchsten Bekanntheitsgrad eines genuinen Rieheners, darin von ferne mit dem
ebenfalls Basler gewordenen Mundartdichter - und stellvertretend für die zahlreichen
in den Landgemeinden wirkenden regionalen und lokalen Dichter. Maler und
sonstigen Künstlerinnen und Künstler genannten - Theobald Bärwart (1872-1942)
vergleichbar.
Der Kantonstrennung folgte 1848 der Wechsel vom Staatenbund zum Bundesstaat
Schweizerische Eidgenossenschaft: Militär. Post und Zoll wurden nun vereinheitlicht
. Im Badischen Aufstand 1848/49 flohen je nach Kriegsglück Angehörige
der einen oder anderen Partei nach Riehen und Bettingen. Während Riehen
im sogenannten Neuenburger Handel (1856) militärisch preisgegeben und wohl
von der eigenen Artillerie beschossen worden wäre, erhielt es im Deutsch-Französischen
Krieg (1870/71) wieder eine eidgenössische Grenzbesetzung. Vielleicht
stammt die Sage, an der Trennlinie gegen Stetten verkehrten blaue Lichter (=
Schmuggler?), aus dieser Zeit. Bis zum 1. Weltkrieg war die Verbindung ins
Markgräflerland aber nie wirklich unterbrochen. Auf der Landstrasse des Wiesentals
herrschte reges Treiben, große Fuhrwerke brachten Buntsandstein (angeblich
bereits zum Bau des Basler Münsters) und andere Quader aus eigenen Steinbrüchen
oder Holz aus dem Schwarzwald nach Basel. Das Volk benutzte Pferde- und
Ochsenfuhrwerke oder ging zu Fuß. Noch um 1900 trugen Riehener Frauen Waren
im Korb auf dem Kopf zum anderthalb Wegstunden entfernten Basler Markt.
Sogenannte Ruhstühle dienten zur Erholung der Wandernden und zur Deponierung
der Lasten.
Riehen wurde kaum industrialisiert. Zwar entwickelte sich die ehemalige sankt-
blasische Gotteshausmühle zur Fabrik, und um 1900 entstanden auch noch einige
wenige andere Industriebauten. Sie verschwanden alle wieder bis auf das Areal
der Ziegelei Mory (nach 1862) beziehungsweise des Isolierungswerks Löliger
(1913) hinter der Liegenschaft Baselstrasse 5. Riehen und Bettingen boten wenig
Verdienstmöglichkeiten, was Arbeiter meistens zur Wohnsitzverlegung oder zu
weiten Wegen zwang. Grenzgängerei nach Deutschland blieb bis zum 1. Weltkrieg
häufig. Besonders wichtig wurden aber neben der vor allem chemischen
Industrie in Basel die Eidgenossenschaft und der Kanton in ihrer Entwicklung zu
modernen Staatswesen: Gab die öffentliche Hand früher gerade einmal den Totengräbern
. Hirten oder Bannwarten etwas Lohn, so trat jetzt eine kaum überschaubare
Zahl von Berufen vom Abwart bis zum Zollbeamten und vom Billeteur bis zum
Wiesenwaldarbeiter dazu.
Basel-Stadt führte nach der Kantonstrennung in der liberal und radikal gewordenen
Eidgenossenschaft bis 1874 ein evangelisch-konservatives Sonderleben. Sich
im Alltag klug meidende Lebensprinzipien seien Frömmigkeit und Geld gewesen,
wie ein Spötter einmal bemerkte. Für die verbliebenen Landgemeinden sorgte die
Regierung vorbildlich und patriarchalisch. Angeleitet von Pfarrern im Geiste dieses
.frommen Basel' wie Lucas Wenk (1786-1859) aus dem städtischen Zweig
der ursprünglichen Riehener Familie, oder dem Patrizier Christoph Stähelin
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