http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2003-02/0019
Ein eindrucksvolles Beispiel für eine solche Abfolge bietet Neuburg an der Donau
, das in der Notitia Dignitatum aus der Zeit um 400 erwähnte römische Grenzkastell
Venaxamodurum18. Der Ort, im 8. Jahrhundert zeitweilig Bischofssitz,
begegnet in der frühmittelalterlichen Überlieferung als Niwenburc oder latinisiert
Nova civitas, Nova urbs bzw. Novumburgum, so in Urkunden König Heinrichs II.
zu Beginn des 11. Jahrhunderts19 und in der Chronik Thietmars von Merseburg20.
Der Ortsname ,Neue Burg' war ganz offensichtlich in Abgrenzung zu der im selben
Siedlungsbereich des Stadtberges gelegenen ,Alten Burg' des Römerkastells
gebräuchlich geworden21.
Doch es ist gar nicht notwendig, so weit in die Ferne zu blicken. Die jüngere
Forschung hat auch für unseren Raum auf Beispiele alter Burg-Namen (die
nichts mit der späteren, uns geläufigen hoch- und spätmittelalterlichen Adelsburg
zu tun haben) aufmerksam gemacht22. Es handelt sich dabei um Orte, die einer
frühgeschichtlichen oder römischen Befestigung zugeordnet waren: so etwa der
Ort Burg im Dreisamtal mit Blick auf das keltische Oppidum Tarodunum23 oder
Burkheim am Kaiserstuhl unterhalb einer vorgeschichtlichen Befestigung24;
auch Ödenburgheim im benachbarten Elsaß gibt sich nach den archäologischen
Forschungen der jüngsten Zeit in seinem Bezug auf eine große spätrömische
Befestigungsanlage zu erkennen25. Schließlich scheint sich der hier wegen seiner
Namensgleichheit mit Neuenburg am Rhein besonders interessierende locus
Nimburg, in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhundert in einer allerdings später
verfälschten Urkunde und sicher dann um die Mitte des 11. Jahrhunderts als
Niwnburch bzw. Nuemburc belegt, auf seinerzeit erkennbare Reste einer vorgeschichtlichen
oder römischen Wehranlage zu beziehen26. Man hätte dann die in
der Nähe geschaffene frühmittelalterliche Siedlung als ,neue Burg', abgesetzt
von der bestehenden alten, benannt.
Das in all diesen Fällen begegnende Ortsnamensgrundwort ,burg' (latinisiert
civitas oder mit gelehrter Note polis) bezeichnete dabei eine bedeutsame, oft
zentralörtliche Siedlung; als Beispiele seien die Namen von Bischofssitzen wie
Straßburg {Argentina civitas) oder Magdeburg (Parthenopolis) genannt27, und
auch der in das späte 11. Jahrhundert zurückgehende Name Freiburgs im Breisgau
sollte offenbar den damals ins Leben gerufenen, Burg und frühstädtische Siedlung
umfassenden Ort {locus Friburg) auf solchem Niveau als fürstliche Gründung
kennzeichnen, wie Alfons Zettler in dem Sammelband „Freiburg 1091-1120" dargestellt
hat28.
Um bei Freiburg zu bleiben: Hier hat die erste Siedlungserweiterung nördlich
der Stadt zu Beginn des 13. Jahrhunderts den Namen Neuburg im Sinne von Neustadt
' {nova civitas 1252) erhalten29. Bis in die Zeit um 1200 bedeutete nämlich
,Burg' ganz allgemein einen befestigten Siedlungsplatz, sei es ein ,Schloß', sei es
eine ummauerte Stadt; erst danach wurde im Deutschen zwischen Burg und Stadt
unterschieden30. Im Falle der Neuburg, wie der Freiburger Stadtteil noch heute
heißt, ist der Bezugspunkt klar, nämlich das bisherige Freiburg, das später einmal
im örtlichen Sprachgebrauch zur Altstadt werden sollte, bevor die modische Be-
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