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deren mehr. Der historische Rahmen, den wir uns aus Schriftquellen erarbeiten
können, wird dadurch mit zahlreichen Detailinformationen gefüllt. Archäologische
Funde und Befunde geben nicht zuletzt Hinweise zur mittelalterlichen Sachkultur
und lassen damit Aussagen zum Alltagsleben in der Stadt zu.
Beim Wiederaufbau nach 1945 wurden erste markante archäologische Reste
dokumentiert3. Die meisten aussagekräftigen Untersuchungen in der Stadt führte
Bernhard Vedral Anfang der 1990er Jahre durch. Er überwachte systematisch
Baugruben in der Stadt und dokumentierte die freigelegten Befunde baubegleitend
(Abb. 3). Der unerwartet verstorbene Kollege konnte seine Forschungen nicht
abschließen. Eine systematische Zusammenschau der historischen und archäologischen
Befunde im Stadtgebiet erfolgt nun im Rahmen des ,Archäologischen
Stadtkatasters Baden-Württemberg'4.
2. Stationen der frühen Neuenburger Stadtgeschichte
Die frühe Siedlungsgeschichte Neuenbürgs ist noch weitgehend ungeklärt. Als
ältester Nachweis gilt ein auf 1171 datierter Beleg, der im 14. Jahrhundert vom
Tennenbacher Abt Zenlin im Güterbuch des Klosters niedergeschrieben wurde.
Demnach habe der Boden der späteren Stadt Neuenburg dem Zisterzienserkloster
gehört, hier lag ein mit einem Brunnen ausgestatteter Wirtschaftshof, eine sogenannte
Grangie. Dieses Gut habe das Kloster Tennenbach von Herzog Berthold
von Zähringen für 30 Mark Silber gekauft und mehr als 10 Jahre ungestört besessen
. Dann seien die Mönche durch den Herzog vertrieben worden, der an Stelle
der Grangie eine Stadt errichten wollte5.
Diese Notiz wurde lange als eindeutiger Beleg für eine zähringische Stadtgründung
Neuenbürgs betrachtet, Treffeisen zog sie jedoch mit Recht in Zweifel6. Sowohl
diese Notiz als auch die Vermittlung des Papstes Alexander III. zwischen den
Zähringern und dem Kloster ist nur in dem beschriebenen späten Eintrag erwähnt
und als Erfindung des Abtes Zenlin zu werten, um Ansprüche auf den Kirchensatz
in Neuenburg geltend zu machen. Das in der Bestätigung der Tennenbacher Güter
durch Papst Alexander III. am 5. August 1178 genannte Novum Castrum bezeichnet
nach Treffeisen vielmehr den Ort Nimburg. Die Gründungsfrage Neuenbürgs
muß daher weiter offen bleiben7.
Unabhängig von Zeitpunkt und Initiator der Stadtentstehung ist klar, daß die
Lage der im 13. Jahrhundert faßbaren Stadt so gewählt wurde, daß sie an das überregionale
Verkehrswegenetz angebunden war und sowohl einen Rheinübergang als
auch den Schiffsverkehr auf dem Rhein kontrollieren konnte. Es ist zu bedenken,
daß eine Stadt nicht aufgrund des Wunsches eines Gründers aus dem Nichts entstehen
konnte. Wo bestanden also mögliche Vorgängersiedlungen?
Lagen sie im Bereich der späteren Stadt, handelte es sich dabei um das nicht
lokalisierbare Rinka8, oder spielte der 1,5 km südlich gelegene Ort Au mit seiner
St. Mathiskirche dabei eine Rolle?
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