http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2003-02/0055
Befunde auf die Änderung der Parzellenstruktur beim Wiederaufbau der zerstörten
Stadt. Der Baublock zwischen Schlüsselstraße und Spiegelgasse war offenbar
ursprünglich etwa in der Mitte längs geteilt und von Norden und Süden her durch
Hofstätten erschlossen. Der erfaßte Keller gehörte zur Hinterhofbebauung des
13. Jahrhunderts eines zur Spiegelgasse hin ausgerichteten Haupthauses. Vergleichbare
Befunde zur Parzellierung eines für die Bebauung erschlossenen Gebietes
im 13. Jahrhundert wurden bei den großflächigen Grabungen in Freiburg an
der Gauchstraße beobachtet32.
4.5 Rathauserweiterung mit Tiefgarage 1991
Die Arbeiten zur Erweiterung des Rathauses zwischen der Metzgerstraße und
der Dekan-Martin-Straße (früher Kirchgasse) wurden ebenso von archäologischen
Sondagen begleitet. Zwischen März und Anfang August 1991 wurden, baubegleitend
zum Erdaushub für den Baugrubenverbau, Teilflächen des großen Areals
durch Bernhard Vedral ausgegraben. Die von der Bevölkerung mit großem Interesse
verfolgten Grabungen wurden von der Stadt Neuenburg finanziell getragen.
Ebenso die daran anschließende Auswertung, die aber durch den unerwarteten Tod
des Ausgräbers nicht abgeschlossen werden konnte33. Vedral faßte noch die wesentlichen
Ergebnisse in einem Vorbericht zusammen34.
Als älteste Strukturen wurden zwei mittelalterliche Gruben freigelegt. Beide Befunde
scheinen Latrinen des 12. Jahrhunderts zu sein, die ursprünglich mit Flechtwerk
ausgesteift waren. Sie sind als älteste Belege für die mittelalterliche Stadt zu
werten. Vergleichbare Befunde finden sich regelhaft in frühstädtischen Phasen der
Städte im Südwesten (z. B. Freiburg im Breisgau, Konstanz, Villingen, Rottweil,
Oberndorf am Neckar, Schaffhausen).
Die nächste Siedlungsphase ist aufgrund keramischer Funde in das 13. Jahrhundert
zu datieren. Eine runde Latrine stört die zuletzt beschriebene Grube im oberen
Bereich. Der Schacht der Latrine, der im oberen Bereich einen Durchmesser von
2,5 m aufweist, ist bis zu einer Tiefe von 4,5 m in den anstehenden Kies eingegraben
und mit trocken gesetzten Sandsteinen und größeren Wacken ausgekleidet.
Im unteren Bereich der Latrine konnte aus den Füllschichten eine große Zahl von
Scherben mittelalterlicher Gebrauchskeramik des 13. Jahrhunderts geborgen werden
(Abb. 9). Die Latrine wurde mehrfach geleert, die letzten Verfüllschichten im
oberen Bereich weisen auf ein Ende der Nutzung im 15./16. Jahrhundert hin.
Eine weitere Latrine lag 5 m nördlich davon. Die rechteckige Grube mit 1,4 x
1,2 m im Lichten war mit Mörtelmauerwerk ausgekleidet und wies einen Mörtelestrich
auf. Auch hier war der obere Abschluß durch jüngere Baumaßnahmen
zerstört worden, das Material dieser Fundschichten erlaubt jedoch die zeitliche
Einordnung der Nutzungsdauer in das 15./16. Jahrhundert. Beide Latrinen lagen
offenbar innerhalb eines Nebengebäudes im Hofbereich, das an eine Parzellenmauer
angelehnt war.
Die Latrinen sind Teil einer spätmittelalterlichen Hofstelle, die im Westen durch
eine Parzellenmauer, nachweisbar durch ein 60 cm breites Fundament, abge-
53
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2003-02/0055