http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2003-02/0145
Bürger und Herrschaftswechsel
Die Arrondierung von Rechts- und Besitztiteln geistlicher und weltlicher Herrschaftsträger
im Mittelalter wird mehrheitlich als zielstrebiges Vorgehen dargestellt
, Herrschaft im Raum auszudehnen und zu verdichten10. In dieser Weise wurde
auch der spät einsetzende Landesausbau der Habsburger westlich des Arlbergs
beschrieben, der sich nicht nur auf gräfliche und vogteiliche Rechte, sondern auch
auf den Besitz von Städten abstützte, die vor allem über Kauf und Pfandschaft
unter ihre Herrschaft kamen". Unterzieht man die Szenarien ihres Erwerbs durch
die Habsburger einer genaueren Betrachtung, so zeigt sich, daß die Akkumulation
von Städten nur zum Teil einer klaren herrschaftlichen Strategie folgte. Sie wurde
vielmehr auch durch Angebote verarmter Stadtherrn gesteuert, durch die jeweilige
Möglichkeit der Finanzierung bedingt und konnte schließlich auch auf Betreiben
der Bürgerschaft erfolgen12.
Über die Rolle, die Bürger bei der Aneignung ihrer Städte durch die habsbur-
gischen Grafen und österreichischen Herzöge im 13. Jahrhundert spielten, lassen
die Quellen lediglich Mutmaßungen zu. So erscheint es möglich, daß nicht nur
die Bürger der zähringischen Gründung Freiburg im Üchtland, sondern auch des
froburgischen Städtchens Zofingen einen Wechsel in die habsburgische Herrschaft
beförderten. Die Bürgerschaften beider Städte nämlich verfügten offenbar über besondere
Beziehungen zu den Habsburgern. Die Freiburger hatten bereits im Todesjahr
Hartmanns d. J. von Kyburg im Jahre 1264 Rudolf von Habsburg zum Schutzherrn
angenommen und sich in der Folgezeit sowohl auf den neukyburgischen
Stadtherrn wie auch den habsburgischen Schutzherrn berufen11. Zur kleinen Stadt
Zofingen hingegen berichtet wenigstens ein Eintrag in den Colmarer Annalen für
das Jahr 1285, daß die Zofinger Bürger König Rudolf als Herrn empfangen hätten
(... cives de Zovingen dominum Ruodolphum regem pro domino receperunt ...)14.
Aus dem 14. Jahrhundert liegen vermehrt Belege für eine Beteiligung von Bürgern
an einer Etablierung der habsburgischen Herrschaft vor. Geradezu typisch
erscheint das Szenario, daß sich Habsburg in einen Konflikt zwischen Bürgern und
Stadtherrn einschaltete und Bürger den Übergang in habsburgische Herrschaft beförderten
. Bekannt sind die Umstände der Unterstellung der zähringischen Gründungen
Villingen und Freiburg im Breisgau unter habsburgische Herrschaft: Nach
zum Teil gewaltsamen Auseinandersetzungen mit ihren Stadtherrn, den Grafen
von Fürstenberg, hatten die Villinger diesen 1326 mit finanzieller Unterstützung
der österreichischen Herzöge Rechte abgekauft und die Stadt der Herrschaft Habs-
burgs unterstellt15. Die langwierigen Konflikte um die Finanzpolitik der Grafen
von Freiburg im Breisgau mit den Bürgern der Stadt Freiburg wurden 1368 mit
dem Auskauf gräflicher Herrschaftsrechte und der Herrschaftsübernahme durch
die österreichischen Herzöge beendet16. Vorangegangene Bündnisbeziehungen zu
den Habsburgern und ihre Stellung als einzig passable Schutzherren in der Region
, vor allem aber der Beitrag der habsburgisch-österreichischen Herzöge an die
Finanzierung des Herrschaftswechsels gelten als wesentliche Gründe für die Akzeptanz
des neuen Stadtherrn17.
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