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sehen Überlieferung aus dem 13. und 14. Jahrhundert noch nicht vor. Wenn auch
in formelhaften Wendungen, so erwähnen Stadtrechts- und sonstige Privilegien immerhin
vielfach die Bitte der Bürger als Grund für die Ausfertigung der Urkunde44.
Auch lassen die Ausstellungsorte von Stadtrechtsprivilegien deutlich werden, daß
kleinstädtische Bürger Aufenthalte ihrer Herrschaft in der Region nutzten, um sich
ein Privileg zu besorgen. So ist etwa anzunehmen, daß sich die Bürger von Sursee
im Luzerner Hinterland beim Aufenthalt ihres Landesherrn 1299 in Luzern einfanden
, wo ihr Stadtrechtsprivileg ausgestellt wurde45.
Die Präsenz von Stadtbürgern bei der Privilegierung mit Stadtrecht manifestiert
sich ferner deutlich in denjenigen Passagen der Privilegien, die Ortskenntnisse
voraussetzen. Friedkreisumschreibungen, wie sie in den Stadtrechtsbriefen für
Winterthur, Sursee und Aarau aus dem 13. Jahrhundert festgehalten sind, lassen
sich vielfach vor Ort verifizieren46. Auseinandersetzungen um den Inhalt von Privilegien
sind für das 13. Jahrhundert jedoch lediglich aus bereits ausgeprägten Städten
mit älterer Rechtstradition überliefert. In Freiburg im Üchtland etwa kam es in
den ausgehenden achtziger Jahren zu Konflikten zwischen Bürgern und habsbur-
gischen Herzögen, da diese der Stadt die durch zähringisches Recht zugestandene
freie Schultheißen- und Leutpriesterwahl verweigerten; erst 1308 wurde den Bürgern
das Recht restituiert, den Schultheißen wählen zu können47.
Bleibt - von wenigen Ausnahmen abgesehen - die Beteiligung von Bürgern
kleiner Städte an der Privilegierung im 13. Jahrhundert unscharf, so lassen die
Inhalte der im 14. Jahrhundert ausgestellten Privilegien wesentlich deutlicher
auf Verhandlungen zwischen Bürgern und Herrschaft um unmittelbar bestehende
konkrete Bedürfnisse schließen. Insbesondere die - auch für die Städte anderer
Herrschaftsräume verschiedentlich beobachtete48 - temporäre oder definitive Kommunalisierung
von wesentlichen Herrschaftsbefugnissen vor Ort spiegelt wider,
daß sich die Bürgergemeinden in den habsburgischen Städten verfestigt hatten und
sie in der Lage waren, ihre Interessen gegenüber der Herrschaft wahrzunehmen
und durchzusetzen.
Die urkundlichen Übertragungen herrschaftlicher Ansprüche an die Bürger
nennen teilweise den konkreten Hintergrund für die Privilegierung und lassen den
Druck ahnen, den die Bürgerschaft auf die Herrschaft ausübte49. Vielfach ist die
Überlassung von Erträgen an wirtschaftlichen Einrichtungen in der Stadt oder der
Erlaß von Steuern im Sinne einer dauerhaften oder temporären herrschaftlichen
Wirtschaftsförderung oder Subvention von spezifischen Projekten der Bürgerschaft
zu verstehen. Besonders die Zerstörung von Städten durch Naturkatastrophen oder
Kriege veranlaßte solche Privilegierungen. Der Schaden etwa, den die Diessenho-
fener durch eine Feuersbrunst erlitten hatten, wurde zumindest partiell durch ein
Privileg von 1371 kompensiert, das den Bürgern zur Wiederherstellung der Stadtbefestigung
auf acht Jahre den Diessenhofener Zoll zugestand50.
In besonderem Masse zeugen Privilegien über erweiterte Selbstverwaltungskompetenzen
vom gesteigerten Interesse der Bürger an einer herrschaftlichen
Legitimation von Vorrechten. Hatten sich die habsburgischen Grafen und öster-
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