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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
65.2003, Heft 2.2003
Seite: 152
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2003-02/0154
So beanspruchten sie 1394 aufgrund des ihnen verbrieften Winterthurer Stadtrechts
vor dem Thurgauischen Landgericht die den Bürgern von Winterthur 1379
ausgestellte Urkunde über den Gerichtsstand der Bürger vor dem Schultheißengericht
(privilegium de non evocanddf1.

Die Bedeutung des Inhalts von Privilegien wird mit jedem Versuch von Bürgern
deutlich, bestimmte Vorrechte vor Gerichten und Reichsgewalt immer wieder neu
zu aktualisieren: Als der Surseer Bürger Peter von Winikon 1376 an das Landgericht
im Klettgau gelangte, wurde der Stadtrechtsbrief König Albrechts für die
Stadt Sursee von 1299 verlesen und vor allem eine Bestätigung der darin verbrieften
Zuständigkeit des Stadtgerichts für die Bürger verlangt68.

Daß es den Bürgern aber nicht nur auf den Besitz eines Schriftstücks und seinen
Inhalt, sondern auch auf eine Legitimation zur Wahrnehmung von Recht durch
die Landesherrschaft ankam, bezeugen auch durch sie angefertigte Fälschungen
von Stadtrechtsprivilegien. Die Untersuchung der Surseer Stadtrechtstradition hat
ergeben, daß sich die Bürger der Stadt gegen Ende des 14. Jahrhunderts selbständig
eine eigene Tradition herrschaftlich verbrieften Rechts verschafften69. In einer
Zeit, in der die habsburgische Herrschaft durch das Ausgreifen der Stadt Luzern
in ihr Hinterland in Frage gestellt wurde, besorgten sich die Bürger offensichtlich
aus Aarau eine Überlieferung zähringischen Rechts, die unter anderem mit dem
Zugeständnis der freien Schultheißenwahl besseres Recht beinhaltete als das ihnen
1299 durch König Albrecht ausgestellte Stadtrechtsprivileg. Dieser Rechtstext
wurde von den Bürgern als Privileg Rudolfs I. ausgegeben und ist als solches in
die städtische Rechtstradition eingegangen™.

Die selbständige Adaption besseren Rechts als herrschaftlich habsburgisches
Privileg in Zeiten neuer Herrschaftsverhältnisse markiert das Ende einer Rechtsbeziehung
, die durch die adelige Herrschaft als rechtsetzende Gewalt und durch die
Bürger und ihre offenbar immer konkreteren und zum Teil explizit begründeten
Forderungen nach schriftlicher Garantie von Vorrechten gekennzeichnet ist. Ihre
wachsende Einflußnahme auf Rechtsinhalte und ihr eigenständiger Umgang mit
dem verbrieftem Recht ist Ausdruck eines ausgebildeten und immer selbstbewußteren
städtischen Gemeinwesens.

Die agierenden Bürger

Wer waren die Bürger, die das Verhältnis zur Herrschaft aktiv mitgestalteten
und den Spielraum im Herrschaftsverhältnis nutzten? Die Entstehung neuer, nicht
mehr zur Klientel des Stadtherrn gehöriger bürgerlicher Eliten im 13. Jahrhundert
und ihre Folgen für die städtischen Herrschaftsverhältnisse ist Gegenstand von
verschiedenen jüngeren Untersuchungen, vor allem zu den Bischofsstädten und
zur frühen Gründungsstadt Freiburg im Breisgau gewesen71. Eine Auseinandersetzung
mit der politisch aktiven Schicht und ihren Führungspersönlichkeiten in

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