http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2003-02/0168
Das trifft unter anderem Vorzeichen auch für den internationalen Ochsenmarkt
bei Sennheim im Sundgau zu, dessen Rolle als Scharnier zwischen Burgund,
dem Schweizer Jura und dem Oberrhein mit anderen Ochsenmärkten am Rande
des Reichs - wie etwa zu Buttstätt in Thüringen, Raab (Györ) in Ungarn oder
Bruck an der Leitha - zu vergleichen wäre, wonach ihre Lage an den Haupttransitstrecken
für die Einfuhr von Mastvieh aus dem mitteleuropäischen Steppenland
keine Entwicklung zu Zentren von allgemeinerer regionaler Bedeutung mit sich
brachte; sie blieben weitgehend Klein- oder gar Zwergstädte7.
Zur Bildung von echten Wirtschaftslandschaften - d. h. Regionen, denen ein bestimmter
Wirtschaftszweig seinen Stempel aufgedrückt hat8 - ist es am Oberrhein,
vom elsässischen Weinbau einmal abgesehen, trotz Städtedichte und Ressourcenvielfalt
nicht gekommen. Eine partielle Ausnahme stellen die Bergbaureviere dar.
Diesen war jedoch keine Dauer beschieden; sobald die Erzvorkommen ausgebeutet
waren bzw. die Abbaukosten überhandnahmen, erloschen die einst auf Hochtouren
laufenden Hütten innerhalb einer Generation. Die Gruben des elsässischen
Lebertals zu Markirch, die erst Anfang des 16. Jahrhunderts entdeckt wurden,
stellten bereits um die Jahrhundertmitte ihren Betrieb ein, obgleich eine zweite
kleine Konjunktur gegen 1600 verzeichnet werden konnte. Einen Ausgleich dafür
hat die Inbetriebnahme von kleineren Silberbergwerken an den südlichen Vogesen-
ausläufern im Rosenfelsertal kaum gebracht9. Zwar konnte sich rechtsrheinisch
das markgräfliche Sulzburg als Bergbaustadt über einen längeren Zeitraum hinweg
behaupten, es stieß indes wegen seiner abgelegenen Lage wiederholt auf Versorgungsschwierigkeiten
. Nach 1550 erwogen die Markgrafen außer der Neubelebung
des Wochenmarktes daher auch die Einrichtung eines Stapels in Sulzburg,
der aber als Anziehungspunkt für das gesamte Markgräflerland schwerlich je hätte
fungieren können10. Allein am Hochrhein kam es gegen Ende des 15. Jahrhunderts
zu einem regionalen Zweckverband der Eisenschmiede, der sich 1494 im sogenannten
Eisen- oder Hammerbund niederschlug, dessen Teilhaber mehrheitlich aus
dem Hauptort Laufenburg, zugleich aber auch aus Säckingen, dem Fricktal und
sogar aus Basel und Ölten stammten". Der Eisenerzabbau im Fricktal unter Beteiligung
städtischer Gewerken aus den benachbarten Gemeinden gelangte zu regionaler
Bedeutung, ohne daß Unternehmer aus Basel - um die Jahrhundertwende
etwa Ulrich Meltinger - versucht hätten, die Produktion durch das Verlagssystem
unter ihre Kontrolle zu bringen12.
Die wirtschaftliche Ausstrahlung der oberrheinischen Mittel- und Kleinstädte
blieb also eine bescheidene; allenfalls in Ansätzen barg sie in sich die Vorbedingungen
für eine regional integrierte Wirtschaftslandschaft, wie wir sie etwa aus
dem schwäbischen Textilrevier kennen, wo die Mittel- und Kleinstädte als Organisatoren
der lokalen Produktion und Zulieferer der Handelsmetropolen nach 1500
ihren festen Platz in einer regionalen Hierarchie eingenommen hatten13. Spätestens
hier sei also die ketzerische Frage erlaubt, ob es den oberrheinischen Kleinzentren
im Spätmittelalter überhaupt gelungen ist, die zentralörtliche Funktion der Klöster
im Hochmittelalter wettzumachen14. In diesem Zusammenhang wäre freilich auf
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