http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2006-01/0061
Der historische Faust war ein Mann der Show, ein gerissener Psychologe und
ein hochbegabter Autodidakt - dies zeigen die zeitgenössischen Zeugnisse, und sei
es wider Willen.
Die Gelehrten seiner Zeit, die weniger über als gegen Faust schrieben, mussten
ihm doch die folgenden Wirkungsbereiche einräumen, die er allesamt mit der Unverfrorenheit
des Selbstversorgers ausfüllte: Er war Astrologe und Wahrsager, und
auf beiden Feldern spielte er erfolgreich mit der Dummheit und freilich auch mit
der Daseinsangst seiner Mitmenschen; er war Mediziner, der nicht auf den hohen
Schulen gelernt hatte, sondern offenbar nach des Paracelsus Empfehlung bei den
Praktikern, den Kräuterweibern und Alchemisten; und er war selbst Alchemist und
Magier, betätigte sich also in der Zone des Rätselhaften und des mehr oder weniger
Anrüchigen.
Nirgends aber in den zeitgenössischen Quellen wird Faust der schwarzen Magie
oder eines Teufelsbundes bezichtigt, in den Akten der Inquisition oder der kommunalen
Gefängnisse taucht sein Name nicht auf.
Zum Paktierer wird Faust erst durch den Knall von Staufen. Gleichwohl müssen
seine Biographie, sein Auftreten, seine Wirkung und Ausstrahlung die bald schon
wuchernde Legende vorbereitet haben. Bereits der lebende Faust hatte sich zu
einem superlativischen Markenartikel gemacht; sonst wäre sein Name nach 1540
nicht zum Magneten für die tollsten Unglaublichkeiten geworden.
Dieses vor einigen Jahren auf
einem Staufener Speicher gefundene
naturwissenschaftliche Buch mit
Exlibris-Vermerk em arb ein Nicolai
von der Stroß aus Basel 1537,
kurz vor Fausts Tod.
Der Basler studierte laut Matrikelbuch
der Universität Freiburg
hier zusammen mit Anton von
Staufen und Werner von Zimmern.
Ein Buch aus Fausts Besitz? Der
sonderbare Eintrag auf der linken
Einbandseite lautet: ..Zwanzig
Jahre nahist (nächst) wan"
(Stubenhausmuseum Staufen.
Foto: Leif Geiges).
Weil die zeitgenössischen Quellen so lächerlich wenig hergeben, wissen wir von
der Person Faust nahezu nichts. Ob er groß war oder klein, schwarzhaarig oder
blond, dick oder dünn - das ist ebensowenig bekannt wie seine Eltern, seine Geschwister
, seine Schulbildung oder sein Verhältnis zu den Entdeckungen, zur Reformation
oder zum Bauernkrieg. Ob er je heiratete und Kinder hatte - wir wissen
es nicht.
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