http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2006-02/0047
Neue Erkenntnisse zur Gestalt des
Sulzburger Renaissanceschlosses - und zur Geschichte
des Tennisspiels in Sulzburg
Wolfgang Stopfe 1
Mit der (Wieder-)Entdeckung der Ruinen des Sulzburger Ballhauses gewinnt
das ..Schloss Sulzburg" neue Konturen: unsere Kenntnis über das offenbar sehr
repräsentative Residenzschloss der Renaissance wird erweitert.
Was aber ist ein Ball- oder Ballenhaus, wie es in Sulzburg und auch anderswo
bezeichnet wird und mit dessen Existenz sich Sulzburg in die Reihe mit vielen
anderen Schlössern der Renaissance und des Frühbarock stellt, denn .....man findet
nicht leicht einen kleinen Hof, wo nicht ein Ballhaus anzutreffen ist", schreibt
Franz Philipp Florinus in seinem „Adeligen Hausvater"' von 1719.'
Ballhäuser wurden nicht für Tanzveranstaltungen errichtet, wie oft und noch
jüngst in der baugeschichtlichen Literatur angenommen wurde2, sondern für das
Ballspiel, das jeu de paume. Der Irrtum ist verständlich, denn auf der einen Seite
gab es im 19. und 20. Jahrhundert tatsächlich Tanz „paläste". die die Bezeichnung
Ballhaus führten, auf der anderen Seite wurden Ballhäuser nach dem Abflauen der
Ballspielmode für andere Zwecke benutzt, vor allem als Komödien- und Opernhäuser
, wofür sie wegen ihrer besonderen architektonischen Gestalt sehr geeignet
waren, aber auch für Redouten und Versammlungen. Die wohl bekannteste Versammlung
in einem Ballhaus ist die von 1789 in Versailles, die die Französische
Revolution einleitete („Ballhausschwur"). Zu dieser Zeit war allerdings die große
Zeit der Ballhäuser bereits vorbei. Sie lag im 16. und 17. Jahrhundert. Das Ballspiel
mit einem kleinen, schweren, lederüberzogenen und mit einem Bleikern
versehenen Ball kam aus Frankreich nach Deutschland. Zuerst wohl mit der unbe-
wehrten, später mit der bewehrten Hand gespielt, ab der Mitte des 15. Jahrhunderts
mit dem Racket, war es dort bei den Adligen ungemein verbreitet. Die Spielfelder,
für die sich bestimmte Regeln ausbildeten, lagen zuerst im Schlosshof oder im
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Schlossgraben. Ummauerte Spielfelder ließen das Abprallen des Balles von den
Wänden als Erweiterung der Spielmöglichkeiten zu; der Schritt zum überdachten
Ballhaus war nicht mehr groß. Am Ende des 16. und im 17. Jahrhundert gibt es unterschiedliche
Zahlen über die allein in Paris errichteten Ballhäuser, jedenfalls waren
es mehr als hundert. Dabei war das Spiel im Ballhaus ein Privileg des Adels,
dem die französischen Könige vorangingen. Sie waren alle begeisterte Ballspieler.
Ihr Ballhaus im Louvre diente in einem italienischen Traktat über das Ballspiel.
1555, als Beispiel für die Darstellung der Spielregeln und des Spielfeldes.
Auch in England war das Spiel im Ballhaus ein Privileg des Adels. Bürgerlichen
wurde der Zutritt verwehrt. Heinrich VIII. erbaute in Hampton Court ein Ballhaus,
dessen Nachfolger von 1620 heute noch benutzt wird. Bekannte Ballspieler wa-
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