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gen ist uns hauptsächlich das Visitationsprotokoll von Schopfheim bekannt: Am
1. April trafen die bischöflichen Visitatoren demzufolge in Schopfheim ein und
befragten zuerst den Dekan, dann die einzelnen Priester. Auf die Frage nach ihm
bekannten Konkubinat erklärte der Dekan, dass er wenig ausgehe und daher auch
wenig erfahre.
In den Einzelbefragungen spürten die Visitatoren dann aber doch einige Missstände
in Bezug auf zu langes Wirtshaussitzen, unziemliche Kleidung und anstößiges
Verhalten mit jungen Mädchen auf. Der Priester von Hauingen erklärte, dass
er wohl lutherische Schriften besitze, jedoch nur. um durch deren Studium Argumente
gegen die Evangelischen zu sammeln.
Die markgräflichen Beamten ermahnten die Geistlichen, sich an die Gebote der
Kirche zu halten, und zogen daraufhin weiter.
Von den ersten Visitationen, die ab 1556 in der Markgrafschaft stattfinden sollten
, wissen wir nur wenig. Aus dem Unterland liegen keinerlei Visitationsakten
oder Urkunden vor. Sie gingen, soweit überhaupt vorhanden, wohl während des
Dreißigjährigen Krieges oder 1689, als die markgräflichen Akten von Pforzheim
nach der Burg Liebeneck im Würmtal verlegt wurden, verloren.
Einzig in einem Brief der sächsischen Theologen Mörlin und Stössel finden sich
einige Hinweise. Demnach begann die Visitation des Unterlandes noch vor der offiziellen
Einführung der Kirchenordnung. Vom 29. Mai bis zum 20. Juni bereisten
die beiden Sachsen, unterstützt von Andreä und Diller. das Unterland und sorgten
für die Durchführung der Bestimmungen der Kirchenordnung: „... haben wir am
29. maij zw Pfortzheim die Visitation jnn Gottes namen furgenumen vnd also die
vndern herrschafften biß vff den 20. junij lustrirt vnd ordenlich schulen vnd kir-
chen nach der Augspurgischen Confession, Schmalkaldischen Artickeln vnd be-
radschlagter kirchenordnung vom bapstumb gereiniget, heilsame lehr gepflantzet
vnd rechtschaffene diner des worts, so vil wir deren jnn so kurtzer eil an dem ort
haben mochten, eingesetzt."
Aus dem Oberland liegen uns für 1556 nur die Visitationsprotokolle der Diözese
Badenweiler vor. wir wissen also nicht, ob und von wem die übrigen Diözesen des
Oberlandes visitiert wurden. Visitationsakten aus Rötteln und Schopfheim besitzen
wir erst aus dem Jahre 1558.
4. Einflüsse der Basler Reformation auf das Markgräflerland
Die Stadt Basel war für die Einwohner der oberen Markgrafschaft zugleich wirtschaftliches
und kulturelles Zentrum, ja der Markgräfler betrachtete Basel sogar
als „seine Stadt". Die Bauern der Herrschaft Rötteln. Badenweiler und Sausenberg
kamen hierher, um ihre Waren anzubieten, aber auch, obwohl sie rechtlich zum
Bistum Konstanz gehörten, um an den Feiertagen an den kirchlichen Prozessionen
teilzunehmen. Die vielfältigen Beziehungen zwischen Basel und der Markgrafschaft
legen die Vermutung nahe, dass die seit 1517 in Basel nachgedruckten
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