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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 1.2007
Seite: 145
(PDF, 28 MB)
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Betrügereien anfällig ist. was kennzeichnend für alle Gemeinschaften und Gesellschaften
ist, deren unverwüstliche Lebenslust und grober Gerechtigkeitssinn aber
die dunkleren, gefährlicheren Charakteristiken dämpft, die in den einleitenden Sätzen
angedeutet sind:

Wer kennt nicht den Weg zwischen Aarberg und Bern, die Seufzerstraße
aller ehrlichen Rosse, der Schrecken aller Fuhrleute, die es mit ihren
Rossen ehrlich meinen, das Grauen aller Kutscher, die Handwerkern und
Bürgel n, welche alle drei Jahre mit sieben Kindern und einem Pferd eine
Lustfahrt machen, ein Roß anvertrauen müssen! Wie das bergauf, bergab
geht, vom Himmel in die Hölle und dsKonträri wieder, daß einem die
Beine ordentlich stürm werden!

Dies ist die Erfahrungswelt der Vertreiber des „Berner Kalenders"'. Der Sinn
des Schauplatzes liegt auf der Hand. 1839 hatten Eisenbahnen und Telegraphen
gerade erst begonnen, die Kommunikation zwischen Schriftstellern und ihren Lesern
zu beschleunigen. Jahrhunderte lang waren Informationen über das Wetter.
Horoskope. Messen. Lohn- und Feiertage und alle Arten von landwirtschaftlichen
und astrologischen Ratschlägen der wesentliche Stoff von Almanachen oder Kalendern
: die Erzählungen aber, die diese beständigen nützlichen Informationen in
den fünf Ausgaben des ..Neuen Berner Kalenders*' ergänzen, für welchen er von
1840 bis 1845 verantwortlich war. zeigen Gotthelf. indem er sein Talent erprobt,
als Beobachter der menschlichen Natur in der beschriebenen Umgebung. Er sollte
bald eine der überzeugendsten, in sich selbst ruhenden Welten in der Dichtung des
19. Jahrhunderts schaffen.

Gotthelf besaß nicht Hebels Begabung, eine Geschichte auf das Wesentliche
zu verkürzen.1' Seine Stärke lag in ausgedehnteren Erzählformen und, wie Walter
Muschg sagte, die Almanach-Anekdote oder Kalendergeschichte war eine
Gattung, die seinen Stil einengte.2 Deshalb ist es leicht, seine Geschichten einfach
als Studien eines Autors zu lesen, der im Begriff war, sich auf dem ausgedehnten
Panorama menschlichen Lebens des Kantons Bern zu bewegen, den er
bestens kannte und in dessen „hier und heute'' der Schweiz in der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts sie fest verwurzelt waren. Aber wenn man so vorgeht, bedeutet
es eine andere ebenso wichtige Dimension zu übersehen. Diese Studien
umfassen eine Verbindung von moralischen Werten und menschlichem Verhalten
, das in einer viel längeren Vergangenheit wurzelte, einer Vergangenheit, die
schließlich bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts zurückgeht, als in der Südwestecke
des deutsch-sprachigen Territoriums eine Gattung von Kurz-Prosa aufkam, die zu
einem charakteristischen Bestandteil des volkstümlichen Alemannisch wurde. In
..Kalendergeschichte und Kalender", einer Standarduntersuchung dieser Gattung,
bemerkt Ludwig Rohner:

Die Anfänge der deutschen Kalendergeschichte sind noch kaum erforscht.
In der Regel setzt man ihren Beginn zu früh oder, häufiger, zu spät an.*'

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