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Die französische Krieasführuns im Pfälzischen Erbfolaekriee demonstriert hin-
länglich, dass ein Heer, das keine Ansammlung von kleinen Privatarmeen mehr
war. sondern sich wirklich unter staatlicher Kontrolle befand, ein noch viel größeres
Gewaltpotential besaß als die Söldnerheere des Dreißigjährigen Krieges, die
größere Städte im Gegensatz zu kleineren befestigten und unbefestigten Plätzen
nur in ganz seltenen Fällen zerstörten und niederbrannten. Magdeburg ist hier eine
der wenigen Ausnahmen, und auch hier mag 1631 das Chaos nach der Erstürmung
der Stadt für den verheerenden Brand, der alles vernichtete, primär verantwortlich
gewesen sein". Um so erstaunlicher bleibt es eigentlich, dass es nach 1700 allmählich
gelang, derartige Exzesse einzudämmen, und es nicht im Gegenteil zu einer
Spirale der Gewalt mit immer größeren Brutalitäten kam wie im 20. Jahrhundert.
Offenbar wirkte der Pfälzer Krieg, der in ganz Europa eine enorme Empörung hervorrief
und das Ansehen Ludwigs XIV. außerhalb Frankreichs endgültig ruinierte,
auch als eine Warnung. Man sah sich am Rande des Abgrunds und entschloss sich
dann doch zu Gegenmaßnahmen, obwohl es auch noch während des Spanischen
Erbfolgekrieges von 1701 bis 1714 zu Exzessen kam, etwa im Zuge der Besetzung
Bayerns durch kaiserliche und alliierte Truppen. Zwangsrekrutierungen und andere
Maßnahmen provozierten einen Bauernaufstand, der in der Sendlinger Mordweihnacht
blutig niedergeschlagen wurde. Dies war aber doch eher eine Ausnahme38
.
Im allgemeinen war man nach 1700 darum bemüht, namentlich das Kontributionswesen
so zu regeln, dass es zu keinen Übergriffen auf die Zivilbevölkerung
kam. Das bedeutete nicht unbedingt geringere Lasten, im Gegenteil, aber ein stärker
fortentwickeltes Kreditwesen erlaubte es besetzten Städten und Ämtern, nun
auch recht hohe Kontributionen ohne unmittelbare Schwierigkeiten zu zahlen, indem
sie sich langfristig verschuldeten. Nach einem eventuellen Friedensschluss
mussten diese Schulden dann freilich verzinst und abbezahlt werden, und das
konnte unter Umständen genauso zu einer dauerhaften Verarmung führen wie die
Zerstörung von Häusern. Brücken und von Besitz39. Dennoch waren damit die
gröbsten Exzesse eingedämmt.
Auch Frankreich, immer noch die größte Militärmacht Europas, hatte im Spanischen
Erbfolgekrieg, der militärisch für die Monarchie der Bourbonen zeitweilig
einen recht ungünstigen Verlauf nahm, entdeckt, dass es sinnvoll war, völkerrechtliche
und kriegsrechtliche Sanktionen gegen Plünderungen zu vereinbaren. Denn
der gigantische Festungsgürtel, den Vauban angelegt hatte, schützte Frankreich relativ
gut gegen die Angriffe ganzer Armeen oder größerer Einheiten, aber kleine,
namentlich berittene Plünderungskommandos von 10 bis 15 Mann konnten leicht
zwischen den befestigten Stellungen eindringen und durchaus erheblichen Schaden
anrichten. Man ging daher dazu über, feindliche Einheiten von weniger als 25
Mann als Plünderer zu behandeln und nach Kriegsrecht hinzurichten oder auf die
Galeeren zu schicken, während Soldaten, die größeren Einheiten angehörten, als
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