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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 33
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2007-02/0035
/. Grundlegendes

Ich beginne mit einer einfachen Aussage: Um leben zu können, müssen die Menschen
essen und trinken. Diese Feststellung möchte man selbstverständlich, ja banal
nennen, wenn aus ihr nicht ein elementarer Zwang folgen würde: Jahrein jahraus
müssen die Menschen eine - bezogen auf die Größe der Bevölkerung - ausreichende
Menge an Grundnahrungsmitteln (Brotgetreide, Fleisch und seit dem 18.
Jahrhundert auch Kartoffeln) erzeugen. Bleibt die ausreichende Versorgung mit
Lebensmitteln nachhaltig aus. herrscht Mangel in verschiedenen Stufen. Die Quellen
sprechen von caristia \xx\dfames. von Teuerung und Hunger*. Beide Begriffe
entziehen sich freilich einer eindeutigen Festlegung.

Nach einer Definition von 1802 herrscht .Teuerung', wenn die Preise [für Lebensmittel
] so hoch gestiegen, dass die Zinsen unseres Vermögens oder unserer
Arbeitsamkeit nicht mehr zu ihrer Erwerbung hinreichen, sondern das Grund-Ca-
pital angegriffen werden, und die Arbeitsamkeit, über die gewöhnlichen dazu erforderlichen
Kräfte vermehrt werden muss9. Mit anderen Worten: .Teuerung* - in
allen essenden dingen - benennt einen Zustand, in dem die Preise für Grundnahrungsmittel
einen solchen Stand erreicht haben, dass eine große Zahl von Menschen
nur mit erheblicher Mühe, unter Aufbietung aller Kräfte (das heißt über das
.normale' Maß hinaus), die zum (Über-)Leben unverzichtbaren Nahrungsmittel erwerben
kann10.

Fließend ist die Abgrenzung von .Teuerung' und .Hunger' (Hungersnot). So
sagte schon 1571 der Zürcher Prediger Ludwig Lavater: Den Armen aber ist Thüre
und Hunger ein Ding. Denn wenn einer arm ist. und alle Ding glychwohl vorhanden
, muß er doch derselbigen manglen und Hunger leiden, diewyl er kein Geld
hat. daß er's vermöge zu bezahlen". So herrscht .Hunger', wenn eine merkliche
Zahl von Menschen das existenzsichernde Minimum an Lebensmitteln nicht mehr
erwerben kann - sei es aus Mangel an Angebot oder aus dem Unvermögen, den
geforderten Preis zu zahlen. Aus Mangel entsteht .Teuerung', die sich zum junger
", zur Hungersnot steigern kann.

Teuerungen und Hungersnöte können von lokaler, regionaler oder überregionaler
Ausdehnung sein. Zeitlich erstrecken sie sich über den Zeitraum von einem oder
mehreren Jahren12. Über die genaue zeitliche Abgrenzung einer Teuerung oder
Hungersnot kann man allerdings streiten: War ein Jahr schon .teuer* oder noch
nicht: war ein anderes schon .wohlfeil' (preiswert) oder noch teuer?

Bis in das 19. Jahrhundert ernährte sich die große Mehrzahl der Menschen - von
einer zeitlichen Differenzierung sei zunächst abgesehen13 - in der Hauptsache von
pflanzlicher Kost. Getreide (Weizen. Roggen. Hafer. Gerste) bildete die Grundlage
: gemahlen, wurde es zu Brei. Fladen oder Brot verarbeitet14. Demgegenüber
war Fleisch im allgemeinen eine ergänzende, wenngleich begehrte und prestigeträchtige
Nahrung. Die weniger Begüterten mussten ihre begrenzten Mittel nämlich
auf die vergleichsweise billigen, weil nährstoffreichen pflanzlichen Produkte
konzentrieren, um den benötigten Kalorienbedarf zu decken. Denn mit Getreide

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