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in den stadtbaslerischen Ämtern Liestal. Waldenburg und Muttenz-Miinchenstein
ansässig waren. Während Basel bis anhin gegenüber Österreich lediglich darauf
bestanden hatte, seine ins Gebiet der Herrschaft Habsburg-Laufenburg abgezogenen
Leibeigenen weiterhin zu besteuern, hatte es die Ehe seiner Leibeigenen mit
Freien in der Grafschaft Rheinfelden ungestraft gelassen. Doch zu Beginn des 16.
Jahrhunderts verbot es solche Eheschließunaen11".
Liefen Lütges Thesen noch auf eine Bagatellisierung der Problematik der spätmittelalterlichen
Leibeigenschaft hinaus, so sprechen die von Claudia Ulbrich erhobenen
Befunde eine andere Sprache"8. Im 15. Jahrhundert haben Adel. Klöster
und Städte aus unterschiedlichen Motiven die Leibherrschaft intensiviert. Für Adel
und Klöster stand der wirtschaftliche Nutzen im Vordergrund. So war die in den
1440er Jahren wirtschaftlich schwer geschädigte Deutschordenskommende Beuggen
, weil sie Eigenbau betrieb, auf die Frondienste ihrer Leute angewiesen. Das
bedeutete in der Optik der Untertanen eine kaum akzeptable Zumutung: Aber der
frondiensten halb sind wir wyter und vil hei ter dann ander unser umbsäßen eygen-
lutt gebunden und beschwärt, dann der commentür hat uns für sine knecht und lyb-
eygen lutt. Wiewol w ir in eyner gefiygten landschaft wonend und diewyl wir sinem
gotzhuß gesäßen. so lytt er zu aller zytfrü und spat, summer und wynter unabläß-
lich on alle ruow und friden uff uns mit emsigen strängen diensten und fronwär-
ken. tringt und zwingt uns mit gewalt darzu. das wir zu großem nachteyl und ver-
derplichen schaden unser und unserer armen kindlinen das unser zu vil zytten Ilgen
und verdürben laßen und im alle wärk. wies im in synn kompt, was. wie und
wenn er will keyn arbeyt. zyt. tag noch stund usgeschloßen leisten [...] und das unser
versumen müßentuq. Aus der Leibherrschaft leitete sich das Recht auf bestimmte
Abgaben und Steuern ab. und sie legitimierte den herrschaftlichen Anspruch
, seinen Untertanen auf fremdem Territorium „nachzujagen". In Basel wiederum
begründete sich die Reispflicht der Landleute auf der Leibeigenschaft120.
Nach Ulbrich stellte Leibherrschaft für Basel einen territorialpolitisch motivierten
Versuch dar. die vielfältigen Herrschaftsrechte der Stadt in den Ämtern zu vereinheitlichen
und einen homogenen Untertanenstand zu schaffen. Im Rahmen der territorialen
Abgrenzung war schließlich die Ausschaltung fremder Eigenleute zu
sehen. In mehreren Anläufen tauschte Basel zwischen 1527 und 1534 Eigenleute
Solothurns und Österreichs gegen die eigenen aus. Den Überschuss an Solothurner
Eigenleuten auf Basler Territorium musste die Stadt mit der Zahlung einer hohen
Geldsumme abgelten121.
Zwar gab es auch in den habsburgischen Vorlanden österreichische Eigenleute,
doch besaß dort die Leibherrschaft insgesamt wenig Bedeutung. Umso gravierender
muss es den Untertanen der österreichischen Vasallen - seien es die Grafen
von Falkenstein, die Grafen von Thierstein, die Eptinger oder die Münch - vorgekommen
sein, sich selbst in die Leibeigenschaft gedrückt zu sehen. Gewiss war ihnen
zu Ohren gekommen, dass die Breisacher Richtung vom Mai 1449 ausdrücklich
an der bislang bestehenden Freizügigkeit der österreichischen und der basle-
rischen Leute festhielt. Rudolf Wackernagel bezeichnete diesen Friedensschluss
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