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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
69.2007, Heft 2.2007
Seite: 248
(PDF, 50 MB)
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das Recht erteilte, vier Jahrmärkte und einen Wochenmarkt abzuhalten. Neuenburg
sei ja in völligen Abgang geraten, argumentierte er10. Offenbar rechnete auch er
nicht mehr mit dem Wiederaufbau der Stadt und nahm wohl daher die Neuenbur-
ger so bereitwillig auf. Vielleicht hofften sowohl die Steinenstädter als auch der
Bischof, sie in ihre Gemeinde integrieren zu können. Aber genau das wollten die
Neuenburger nicht. Sie versuchten mit aller Macht, ihre Eigenständigkeit zu bewahren
, sich von den Dorfbewohnern abzugrenzen. Neuenburg verfügte immerhin
über eine große Gemarkung, über Privilegien und Rechte, von denen die Dörfler
nur träumen konnten. Stolze Städter, die sich auf einen Freiheitsbrief von König
Adolf aus dem 13. Jahrhundert beriefen, ließen sich nicht so einfach vereinnahmen
. Die vorderösterreichische Regierung unterstützte ebenfalls die Selbständigkeitsbestrebungen
ihrer Untertanen, die auf den Vogt im Doiff oder Fleckhen Steinenstatt
herabsahen, mit dem sie ohnehin nicht auskamen. Dieser äußerte nach
fünf Jahren schwierigen Zusammenlebens: Die Newburger sollen mitsambt ihrem
schwartz Kreitz, mit welchem sie kommen, dem Teüffel zugehen. Mit dem ..schwarzen
Kreuz" war das mittelalterliche Steinkreuz gemeint, das der Legende nach An-
lass für den Bau der 1409 erstmals erwähnten Heilig-Kreuz-Kapelle gewesen sein
soll".

Die Neuenburger sonderten sich immer mehr ab. Den Gottesdienst feierten sie in
einer eigenen Kapelle, die ihnen der Fürstbischof auf ihre Bitten hin zur Verfügung
stellte. Zu ihren Rats- und Gerichtssitzungen hatten die Steinenstädter keinen Zugang
. Und bald ersuchten sie den Fürstbischof, auf vorderösterreichischem Boden
begangene Straftaten selbst aburteilen zu dürfen, ein ungewöhnliches Verlangen,
denn sie lebten ja im bischöflichen Herrschaftsbereich. 1710 erhielten sie tatsächlich
die Genehmigung, ihre Straftaten mit Ausnahme von schweren Verbrechen
selbst zu regeln, vorausgesetzt, dass keine bischöflichen Untertanen tangiert wa-

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ren.

All diese Privilegien verärgerten die Steinenstädter, sie. die als bischöfliche Untertanen
Frondienste leisten und Wachen halten mussten. dazu Steuer und Kontributionen
bezahlen. Die Neuenburger waren durch kaiserliche Gnade davon befreit
und bezahlten dem Bischof noch nicht einmal Hintersassenaeld für ihr Bleibe-
recht. Die Steinenstädter beschwerten sich, sie würden in der ägyptischen Dienstbarkeit
gehalten, das heißt wie Sklaven13. Die Atmosphäre war vergiftet, und das
schon nach einem Jahr. Neun weitere sollten noch folgen.

Diese ..Situationen äußerer Bedrohung"14 und schwerer Existenzkrisen schweißten
die Neuenburger noch enger zusammen. Sie entwickelten ein Zusammengehörigkeitsgefühl
, das durch verwandtschaftliche und nachbarschaftliche Beziehungen
gestärkt wurde15. Als starkes Bindeglied wirkte weiterhin Pfarrer Christen. Aus der
Abgrenzung zu den bischöflichen Untertanen gewannen sie. die vorderösterreichischen
Untertanen, ihre Identität und ihre Verbundenheit.

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