http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2008-01/0118
entgegen den bergpolizeilichen Vorschriften nicht geschlossen. Durch die offen
stehenden „Wettertüren" drangen die Rauchschwaden aus Revier 2 direkt in den
Frischwetterstrom nach Revier 1 ein. Begünstigt durch den starken Luftzug,
erfüllten die giftigen Rauchgase schnell das gesamte Revier 1.3)
Bei vorschriftsmäßig geschlossenen Wettertüren wäre das unmittelbare Eindringen
der Brandgase in das Revier 1 verhindert worden und eine effektivere Brandbekämpfung
möglich gewesen. Dadurch hätte man die rasante Ausbreitung des
Brandes verhindern oder verzögern können. Der Grubenwehr wäre wahrscheinlich
noch genügend Zeit geblieben, die eingeschlossenen Bergleute zu retten. Später,
bei den eingehenden Vernehmungen der Staatsanwaltschaft, konnte nicht geklärt
werden, welche Person die Wettertüren offen gelassen hat.
Sofort nach der Brandmeldung hatte Betriebsleiter Dr. Ing. Simon, der die Rettungsarbeiten
anfangs leitete, die Grubenwehr einsatzbereit machen lassen. Bürovorsteher
Junge meldete den schweren Unfall dem Badischen Bergamt in Karlsruhe.4)
Schon gegen 10.20 Uhr waren zwei Rettungstrupps mit Sauerstoff-Atemschutzgeräten
unter der Führung von Betriebsführer Priggert und Fahrsteiger Ruppel in
der Grube. Sie versuchten, von zwei Seiten her zur Brandstelle und zu den eingeschlossenen
Bergleuten in Revier 1 vorzudringen. Von dort kam gegen 10.15 Uhr
über Telefon der letzte Hilferuf eines eingeschlossenen Bergmanns, er forderte wegen
der starken Rauchgase dringend Sauerstoff-Rettungsgeräte an. Weitere Versuche
, mit den Eingeschlossenen telefonisch in Verbindung zu bleiben, scheiterten.
Vermutlich waren zu diesem Zeitpunkt viele von ihnen durch das Einatmen der
giftigen Rauchgase schon bewusstlos.
Die Einsatzkräfte wurden bei ihren Rettungsversuchen durch dichten Rauch und
große Hitze sehr behindert. Auch unter Einsatz starker Scheinwerfer kamen sie in
den verqualmten Strecken kaum vorwärts und waren selbst hoch gefährdet. Der
Versuch, den giftigen Qualm durch die Umstellung des Ventilators über Schacht 2
zurückzudrücken, scheiterte. Der Grubenwehr gelang es nur noch, den bereits toten
Bergmann Karl Asal gegen 13 Uhr zu bergen. Nach den Feststellungen des
Knappschaftsarztes Dr. Rohloff und des Bezirksarztes Medizinalrat Dr. Nohl, die
beide in der Grube Hilfe leisteten, starb er an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung.
Auf Grund dieses Befundes und der seit Stunden in Revier 1 herrschenden Brandgase
nahmen die Ärzte und die Betriebsleitung an, dass wahrscheinlich keiner der
eingeschlossenen Bergleute mehr am Leben sein konnte.
Die Situation in der brennenden Grube spitzte sich dramatisch zu. Das Feuer fand
in dem trockenen Holzausbau reichlich Nahrung. Gegen 14 Uhr brannte bereits die
Hauptförderstrecke (793-m-Sohle) lichterloh. Es bestand die Gefahr, dass Strecken
und Abbaue durch die starke Erhitzung zu Bruch gingen. Zwei Sprengstofflager mit
560 kg Sprengstoff drohten zu explodieren. Die Betriebsleitung, die Ärzte und die
Führung der Rettungskolonnen mussten schließlich einsehen, dass in dieser höchst
gefährlichen Lage ein weiterer Einsatz der Grubenwehr nicht mehr zu verantworten
war und für die eingeschlossenen Bergleute keine Rettungsmöglichkeit mehr bestand
. Gegen 14.45 Uhr wurden die Rettungs- und Bergungsarbeiten eingestellt.
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