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Auch war die Natur im Kleinen, die Tiere und Pflanzen, viel allgegenwärtiger
als heute; viel mehr Menschen lebten ja damals noch auf dem Lande, also inmitten
einer vielfältigen Natur.
Neben der Astronomie schrieb Hebel viele Kalenderaufsätze über diese Natur
im Kleinen, so über die Spinnen, die Eidechsen, die Schlangen, die Prozessionsraupen
und den Maulwurf. Er hat sich immer sehr für die Natur interessiert, hat
selbst ein Herbarium angelegt und war mit dem „Doctor Medicinae" Karl Christian
Gmelin, der eine mehrbändige „Flora Badensis" schrieb, befreundet.
Der aus Badenweiler stammende Gmelin hat ab 1784 für ein halbes Jahrhundert
die Naturlehre, auch Naturalhistorie genannt, am Karlsruher Gymnasium gelehrt.
Mit ihm unternahm Hebel viele naturkundliche Wanderungen, vor allem in die
Umgebung der Residenzstadt.
Karlsruhe war schon in der Zeit, als Hebel aufs Gymnasium kam, ein Ort, in
dem die Botanik und der Gartenbau große Förderer fanden. Schon der Gründer
von Karlsruhe, Markgraf Karl Wilhelm, legte einen ansehnlichen botanischen Garten
mit umfangreichen Blumenrabatten an, in denen Hunderte von Tulpen-, Hyazinthen
-, Anemonen-, Narzissen- und anderen Blumensorten blühten. Auch Karoline
Luise interessierte sich sehr für die Botanik. Sie gründete ein umfangreiches
Naturalienkabinett und hatte die Absicht, ein großes wissenschaftliches Tafelwerk
mit den Abbildungen aller von Linne beschriebenen Pflanzenarten drucken zu lassen
. Allmählich begann sich damals das heute noch gültige Linne'sehe Pflanzensystem
durchzusetzen, und Linne war begeistert von den Ideen der Markgräfin. Sie
beauftragte 1772 auch Clais, in London englische Prospekte für dieses botanische
Werk drucken zu lassen, um auch dort Subskribenten zu gewinnen. Die Herausgabe
ist letztendlich gescheitert, weil das Ziel, mehrere tausend Tafeln zu zeichnen,
zu stechen, zu drucken und zu kolorieren, zu hoch gesteckt war.
Gmelin übernahm 1786, zwei Jahre nach dem Tod der Markgräfin, die Direktion
des Naturalienkabinetts und des botanischen Gartens. So fand Hebel 1791 bei seinem
erneuten Einzug in das Karlsruher Gymnasium, dieses Mal jedoch als Lehrer,
eine Stätte vor, in der auch die Naturkunde lebhaft gepflegt wurde. Er übernahm
am Gymnasium, vor allem in der Realschul-Abteilung, zeitweise sogar den Naturkunde
-Unterricht.
In jener Zeit fand auch die Förderung der Landwirtschaft zum Wohle des Landes
und seiner Bewohner in der Residenzstadt großes Interesse. Ein in den Schlossgarten
einbezogener Obstgarten enthielt zum Beispiel viele Arten von Obstbäumen,
und die Regierung bemühte sich, den Obstbau in Baden durch neue Behandlungsmethoden
und Sorten tatkräftig zu verbessern.
Auch Hebel nahm großen Anteil an diesen Bestrebungen zur Hebung der Landeskultur
und gab dazu im Kalender vielerlei Anregungen für seine Leser, die ja
hauptsächlich auf dem Land wohnten und in der Landwirtschaft ein zumeist bescheidenes
Auskommen fanden. So beschrieb er zum Beispiel: „Des Adjunkts
Standrede im Gemüsegarten seiner Schwiegermutter", die „Baumzucht", „Mittel,
die Baum- und Rebpfähle dauerhaft zu machen" oder „Das Welschkorn" und emp-
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