http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2009-01/0051
gende „Fröhner" klappte oft nicht, da diese ihren Dienst gar nicht erst antraten79)
und man dann die länger behielt, derer man schon habhaft war.
So konnte der Schanzdienst mehrere Wochen dauern. Im Dorf wurde derzeit versucht
, zumindest die Feldarbeit derjenigen, die zum Schanzen waren, gemeinsam für
diese zu erledigen.80) Waren aber viele abgeordnet, fehlte eben jede Hand, ganz abgesehen
von der Erfahrung im Umgang mit Gespann, Vieh, Pflug und Wagen.
In Gegenden des Schwarzwaldes, wo nicht Dörfer, sondern Einzelgehöfte dominierten
, war es ein kaum zu bewältigendes Problem. Das Desertieren beim Schanzen
war daher an der Tagesordnung: Nicht nur auf Grund einer unzureichenden Verpflegung
sowie unzumutbarer Arbeitsbedingungen, sondern vielmehr wegen der oft wochenlangen
Abwesenheit - weitab vom Hof und der Familie. Drastische Strafsanktionen
, oft über das ganze Dorf eines Deserteurs verhängt, sollten abschrecken - aber
sie schürten den Hass auf das Schanzen nur noch stärker. Hinzu kamen neben dieser
Zwangsabordnung oft auch Zwangseinquartierungen und sogar die Wundversorgung
von verletzten Soldaten, die bei den Bauern zurückgelassen wurden, während die
Truppe weiterzog - verbunden mit dem bedrohlichen Versprechen, den verletzten
Kameraden ja wieder gesund auf dem Rückmarsch anzutreffen.
Aber auch brutale Überfälle von Marodeuren und einer den Offizieren nicht
mehr gehorchenden Soldateska bildeten eine beständige lebensgefährliche Bedrohung
des bäuerlichen Alltags81}. Eberlin schreibt dazu: „Je nach wechselndem
Kriegsglück durchziehen von jetzt ab bald kaiserliche, bald schwedische Truppen
sengend und brennend, plündernd und brandschatzend unser Thal ... Mit unerbit-
terlicher Härte werden von den kaiserlichen, spanischen und lothringischen Truppen
die Contributionen eingetrieben. Auch der leiseste Versuch einer Auflehnung
gegen Plünderung und Brandschatzung wird blutig geahndet." 82)
Vor allem die furchtbaren Erfahrungen und schrecklichen Bilder aus dem Dreißigjährigen
Krieg hatten sich im Gedächtnis der Bauern für immer eingebrannt. So
führte 1638 in unserer Region die Schlacht bei Rheinfelden83) (10 000 Mann, 1000
Tote, 3000 Gefangene) zu unerfüllbar hohen Kontributionen, die jedoch rücksichtslos
aus allen umliegenden Dörfern des Dinkelberges und des Wiesentals brutal
abgepresst wurden:
Eberlin berichtet aus dem Jahr 1645 von einem „Streifzug von 300 Kaiserlichen,
die von Freiburg nach Schopfheim kamen und in dessen Nähe drei Dörfer nicht con-
tributieren wollten, ausgeplündert, verbrannt und deren sämtliches Vieh (200 Stück)
weggeführt hätten. So geht es fort mit Plündern, Morden, Sengen und Brennen ..."84)
Bis 1648 kam es im Wiesental zu mehrfachen Ein- und Überfällen in wechselnder
Besetzung - häufig verbunden mit schrecklichem Kriegsgräuel. So wurden
1643 in Gschwend vierzehn Kinder, die in eine Mühle geflüchtet waren, von den
Soldaten dort eingeschlossen, worauf die Soldateska das Haus in Brand steckte:
Sieben Kinder verbrannten im Feuer.85)
Für die Bauern war es dabei ganz gleich, welcher Kriegspartei diejenigen angehörten
, die ihnen so etwas antaten, es war eins, wer ihnen die Vorräte abpresste, ihr
Vieh wegführte, ihr letztes Schwein zur Kriegsbeute erklärte oder den Nachbarn,
49
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2009-01/0051