http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2010-01/0049
Im Tal der Nordschwabener Mauritiuskapelle
Ein Landschaftsausschnitt vom Dinkelberg
Hermann Wider
Die Landschaft
Könnte man im Umkreis der Kapelle den gewachsenen Boden mit der darunter
befindlichen Lehmdecke weiträumig entfernen, bekäme man einen überraschenden
Einblick in den Untergrund. Nordöstlich des zur Kapelle führenden Mauritiusweges
lägen, so weit das Auge reicht, die uns von Steinbrüchen her vertrauten Platten und
Bänke des Muschelkalks frei. Südwestlich davon aber breiteten sich, durch eine
vermutlich recht klare Trennlinie unweit westlich des Sträßchens geschieden, Tonmassen
aus, die sich durch ihre vorwiegend dunkelrote, aber auch grünliche und
hellgraue Farben vom angrenzenden Muschelkalk abheben würden1. Bei diesen sogenannten
Keupertonen handelt es sich um Sedimente, die in dem langen Zeitraum
(230 bis 200 Millionen Jahre vor heute) zwischen dem Zurückweichen des Muschelkalk
- und dem Vordringen des Jurameeres abgelagert wurden.
Die Trennlinie markiert eine wichtige Bruchstelle im Dinkelberg, eine Verwerfung
, die zur Folge hat, dass das östliche Plateau gegenüber dem westlich angrenzenden
Mittelteil des Dinkelbergs, auch im Gelände deutlich erkennbar, um einige
Dekameter herausgehoben ist. Die erwähnten, bis zu 90 m mächtigen Tonmassen
des Mittelkeupers, die u. a. zwischen Nordschwaben, Unterminsein und Schwörstadt
den Untergrund bilden, hatten einst auch den Muschelkalk östlich der Verwerfung
bedeckt, fehlen jetzt aber auf dem östlichen Plateau fast ganz, weil sie
dort, der höheren Lage wegen, längst der Abtragung zum Opfer gefallen sind.
Was einem im Kapellental zunächst nicht bewusst wird: Die hier von Maulburg
bis Schwörstadt durchziehende Verwerfung ist eine Grenzlinie, die zwei naturräumliche
Einheiten des Dinkelberges scheidet, was sich auch siedlungsgeographisch
auswirkt. Da liegt im Osten das trockene Muschelkalkplateau, das (vom
Sonderfall Eichener See abgesehen) keine Quellen aufweist. Die Niederschläge
versinken im rissig-klüftigen Untergrund. Hier häufen sich Dohnen und Trockentäler
: Wir befinden uns in einem ausgeprägten Karstgebiet. So ist es nicht verwunderlich
, dass fiier, von Dossenbach mit seinem Niederdorf abgesehen, nur am Dinkelbergrand
(Wiechs, Eichen, Kürnberg) Dörfer vorkommen.
Westlich der Verwerfung schließt dagegen der am stärksten besiedelte Teil des
Dinkelbergs (Hüsingen, Adelhausen, Ottwangen, Ober- und Untereichsel, Ober-,
Mittel-, Unterminsein, Nordschwaben, Hollwangerhöfe) an. Hauptursache für diesen
Kontrast ist eben die Gewässerarmut im Muschelkalkgebiet und das reichliche
Vorhandensein von Quellen und Bächen dort, wo wasserundurchlässige Keuper-
tone dem Muschelkalk auflagern.
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