Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
72.2010, Heft 1.2010
Seite: 50
(PDF, 30 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2010-01/0052
ohne auf Fels zu stoßen. Wo genau westlich der Kapelle die Verwerfung durchzieht
, könnte durch Bohrungen ermittelt werden. Fest steht aber jedenfalls, dass
der Hunzelgraben ein typisches Keupertälchen ist und der Bach erst unterhalb des
Fischweihers wieder auf die Muschelkalkseite gerät.

Die Abseitslage der Kapelle

Jeder Wanderer fragt sich, warum sich Nordschwabens Kirchlein nicht im oder
beim Dorf befindet, sondern fast einen halben Kilometer davon entfernt. So ganz
einmalig ist diese Erscheinung nicht. Ein bekanntes Beispiel im Markgräflerland
ist Blansingen. Die Kirche der Hertinger lag lange Jahre bis zum Bau des jetzigen
Gotteshauses abseits, westlich vom heutigen Dorf. Aber auch auf dem Dinkelberggebiet
gibt oder gab es Beispiele. So mussten die Bettinger einen Kirchweg von
über einem Kilometer zu ihrer St. Chrischonakirche in Kauf nehmen. Die Eichener
besaßen eine Pankraziuskapelle jenseits der heutigen Bundesstraße nach Wehr, die
sogar zeitweise mit für Hasel und Dossenbach zuständig gewesen sein soll.

Oft gibt es in solchen Fällen die volkstümliche Überlieferung, das ganze zur Kirche
gehörende Dorf sei einstmals nach irgendwelchen unglücklichen Ereignissen
verlagert worden. Dafür gibt es allerdings in Nordschwaben keine gesicherten Anhaltspunkte
. Völlig aus der Luft gegriffen ist eine solche Erklärung nicht. Von Hertingen
weiß man, dass dessen alte, erst 1785 ersetzte Kirche durch den Abgang
eines Siedlungskerns, des einstigen Oberdorfes, für lange Jahre in Abseitslage geriet2
, und die Chrischonakirche muss früher einmal bei dem 1546 letztmals genannten
Weiler Britzigen gestanden haben3.

Gerade bei Nordschwaben kann man noch heute erkennen, dass das Dorf ursprünglich
aus einzelnen Siedlungskernen bestanden hat, auch wenn dies nicht so
extrem in Erscheinung tritt wie etwa bei Tannenkirch oder Minsein. Erst im Lauf
der Zeit sind auch in Nordschwaben die Hofgruppen zu einem von einem Etter
umgebenen Haufendorf zusammengewachsen. Nordschwaben muss sich sogar erst
spät stärker zusammengeschlossen haben. Man weiß, dass sich im Zeitraum von
1772 bis 1866 die Anzahl der Gebäude nahezu verdoppelte4. Nun kann man davon
ausgehen, dass allgemein die ersten Kirchen bei einer der frühen Hofgruppen, oft
beim Dinghof, entstanden. So lässt sich auch die Lage vieler unserer Kirchen am
Rand der alten Dörfer erklären. Wenn die Hofgruppe bei der Kirche zu irgendeinem
Zeitpunkt verlassen wurde und verfiel, geriet die Kirche in Abseitslage.
(Ein solches Verschwinden einer Hofgruppe oder eines Hofes ist übrigens an einer
andern Stelle der Nordschwabener Gemarkung durch den 1392 erwähnten Flurnamen
Leinhoven belegt5.) Oft, aber nicht immer sind Kriegsereignisse, Pest, eine
Feuersbrunst oder schwere Unwetterschäden für den Abgang von Hofgruppen verantwortlich
.

Auf dem Gemarkungsplan6 von 1773 erkennt man, dass die ganze Mulde südöstlich
des Dorfes einst durch einen Lebhag von der übrigen Feldflur abgegrenzt

50


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2010-01/0052