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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
72.2010, Heft 1.2010
Seite: 74
(PDF, 30 MB)
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nähren. Alles umsonst! Es geht absolut nicht mehr! beim besten Willen nicht
mehr!" Er wanderte 1870 in den Staat Iowa aus, wo sein Schwager mit seiner Frau
bereits seit 4 1/2 Jahren lebte und ihm verheißungsvolle Briefe schrieb. „Und mein
Schwager lügt mich nicht an, er will mein & meiner Frau, seiner Schwester Glück
&Wohl!"7)

In einem einzigen Fall mag etwas Abenteuerlust in die Entscheidung hineingeflossen
sein: Der 19-jährige Ludwig Lützelschwab, dessen Vater gestorben war,
wollte mit seinem Freund, dem 22-jährigen Viktor Bürgi, ebenfalls vaterlos, nach
Amerika gehen. Beide lebten in Minsein. Bürgi war wegen Blattfieber vom Militärdienst
befreit worden und Lützelschwab noch nicht pflichtig. Lützelschwab besaß
Geld und wollte dem Bürgi die Überfahrt bezahlen. Bürgermeister Meier von
Minsein befürchtete, „die Auswanderungslustigen kehren wieder zurück, ohne
Amerika gesehen zu haben, wenn die 450 fl Vermögen durchgebracht sind & der
Ludwig Lützelschwab sei ein etwas lockerer Kamerad.'4 Auf Anraten des Bürgermeisters
wurde die Überfahrt vor Aushändigung der Reisepässe bezahlt, und die
beiden jungen Männer traten 1852 ihre Reise ins Ungewisse an.8)

Natürlich gab es auch Menschen, die ihren Entschluss bereuten. Wie viele wieder
zurück wollten oder in ihrer neuen Heimat unglücklicher als zuvor waren, ist
nicht mehr zu erfahren. Ein Einzelfall ist aus Nollingen überliefert, von wo aus Johann
Merkt mit fünf Kindern auswandern wollte. In Köln sind ihm zwei seiner erwachsenen
Kinder fortgelaufen und nach Hause zurückgekehrt.9)

Die Menschen, die aus den heutigen Rheinfelder Ortsteilen ausgewandert sind,
waren Tagelöhner, Handwerker, Landwirte oder berufslos (Mütter mit Kindern).

Rolle des Staates
„... im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit"

Wie oben bereits erwähnt, gab es wegen beginnender Massenarmut schon Anfang
des 19. Jahrhunderts in Baden die ersten Auswanderungswellen. Aus verschiedenen
Gründen standen nicht nur die mittellosen Bevölkerungsschichten, sondern auch die
für deren Unterhalt zuständigen Gemeinden am Rande des Ruins.10)

Viele Auswanderer gingen in der ersten Hälfte des Jahrhunderts in ihrer neuen
Heimat gänzlich vor die Hunde, weil sie ihre Arbeitskraft für die Überfahrt an den
Kapitän verkauft hatten und dieser wiederum die Leute bei ihrer Ankunft für mehrere
Jahre an Arbeitgeber in Amerika verkaufte. Im März 1817 informierte das Direktorium
des Oberrheinkreises die ihm unterstehenden Bezirksämter - u.a. das
Amt Säckingen -, dass die Lage in Amerika für unbemittelte Auswanderer sehr
hart sei. Wenn sie bei ihrer Ankunft kein Geld für den Ankauf von Ländereien oder
als Startkapital für die Ausübung eines Handwerkes besäßen, müssten sie „2-3 Jahre
als Dienstboth, Knecht vielleicht gar als Sklave dienen". Man rate daher Menschen
ohne alles Vermögen von der Auswanderung dringend ab. n)

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