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Nollingen abspielte. Dort stellte die ledige Helene Brutsche einen Antrag auf Auswanderungsgenehmigung
. Sie wollte zusammen mit ihrem Bräutigam Elias Schäuble
von Kleinherrischwand reisen, dem sie die Überfahrt zahlen wollte. Vermutlich
wollte sie ihn in den USA heiraten, weil sie zu Hause keine Heiratserlaubnis bekamen
. Der Gemeinderat befürchtete, „daß wenn diese Person ihr Vermögen einmahl
in Händen hat, ihr Begleiter Elias Schäubli der ganz Vermögensloß ist, und ohnehin
als ein verdächtiger Mann in den Augen spiegelt, derselben auf der Straße ihr ganzes
Hab abnehme und solche verlassen wird, also dieselbe wieder in ihre Heimathsge-
meind Vermögensloß zurückkehren möchte." Anstatt nun der Brutsche die Auswanderung
zu verweigern, um sie vor dem vermeintlichen Verehrer zu schützen, be-
schloss man, ihr das ererbte Vermögen erst in Amerika aushändigen zu lassen.33)
Auch in Nordschwaben fand sich 1852 ein unliebsamer Mitbürger, Josef Anton
Baeumle. Das Bezirksamt berichtete: „Er ist nach Lage der Acten ein Landtstrei-
cher, Müßiggänger und Bettler. Die Gemeinde Nordschwaben wünscht die Fortschaffung
dieses Menschen." Auch er fuhr nach Nordamerika hinüber.34)
Aus Nollingen sei ein Fall erwähnt, der des Schreibers Theodor Dietsche, der in
Freiburg arbeitslos geworden war. Er wurde mit dem sog. Laufpass in seine Heimatgemeinde
Nollingen geschickt, wo der Gemeinderat beantragte, „den Theodor Dietsche
nach seinem Willen mit der Cigarrenmacherei in Baden unterrichten zu laßen,
und dann darauf dringen, daß er auf Staatskosten nach Amerika transportiert werde"35).
Straftäter
„ ...daß dieser verdorbene junge Mensch alsbald
nach Amerika verbi'acht werden kann."
Ein besonderes Augenmerk möchte ich auf die Abschiebung von Straftätern
nach Amerika richten. Sowohl der Staat als auch die Gemeinden entledigten sich
so der Problemfälle aus ihrer Mitte. Die Strafanstalten taten das Ihrige dazu. Die
Verwaltung der „Polizeilichen VerwahrungsAnstalt Pforzheim" schrieb 1852 an
das Bezirksamt Schopfheim in Bezug auf den 19-jährigen „Herumtreiber" Josef
Anton B. : „Der Verwaltungsrat hat uns beauftragt (...), so viel als möglich darauf
hinzuwirken, daß diese Personen, deren Verbringung nach Amerika in so vielfacher
Beziehung wünschenswerth seye, die Auswanderungserlaubniß wirklich erhalten
. Da dermalen Unterstützungen zu diesem Zwecke aus Gr. Staatskasse in
Aussicht stehen, so sollte die Gemeinde Nordschwaben diesen Umstand benützen
und nach Kräften Alles aufbieten, daß dieser verdorbene junge Mensch, der noch
viele Kosten machen wird, alsbald nach Amerika verbracht werden kann." Die gesamten
Bürger der Gemeinde stimmten auf einer Versammlung der finanziellen
Unterstützung der Auswanderung des B. zu.36)
In einem Schreiben vom Januar 1859 erläuterte die „Regierung des Oberrhein
Kreises" dem Bezirksamt Schopfheim das genaue Abschiebungsverfahren von inhaftierten
Kriminellen und wie die Frage der Kostenverteilung zwischen Gemein-
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