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gung, daß er alsbald nach America auswandere und von dort nicht wieder zurückkehre
." B. ist im August 1864 „in Antwerpen mit dem Schiffe Julie nach New York
eingeschifft worden"43).
Der letzte aktenkundige Karsauer war Schneider Johann A., der wegen „Noth-
zucht und Unzucht mit einem Kinde" vier Jahre im Bruchsaler Zuchthaus einsaß,
ehe man ihn 1870 nach Amerika verfrachtete. Der katholische Hausgeistliche in
Bruchsal hatte ihm ein Zeugnis ausgestellt, in dem es u.a. heißt: „Er ist seinem
sittlichen Charakter nach zu leidenschaftlichem Zorn und zur geschlechtlichen
Ausschweifung /: Onanie :/ geneigt", zeige aber „Begabung und Geschick". Aufgrund
dieser Eigenschaften war er ein geeigneter Kandidat für den Export nach
Übersee.44)
Die Gemeinde Herten entledigte sich 1852 des Fridolin R., der wegen Stehlens,
Wilddieberei, Misshandlung und Falschmünzerei fünf Jahre im Zuchthaus verbracht
hatte. Der Staat gab einen Zuschuss. Im gleichen Jahr verließen Joseph S.
und Johanna R. mit ihren vier unehelichen Kindern das Dorf. Vier weitere gemeinsame
Kinder waren schon gestorben. Auch Joseph S. hatte sich mit „Stehlen,
Wilddieberey, Falschmünzerei" über Wasser gehalten und war der Gemeinde darüber
hinaus durch seinen „unsittlichen Lebenswandel" ein Dorn im Auge.45)
Schließlich kam aus Herten 1864 der Antrag auf staatliche Auswanderungsunterstützung
für Markus R. - einen Verwandten des Fridolin R. -, der ähnliche Straftaten
begangen hatte: „Markus R. sei als ein gefährlicher, roher, grober, frecher
und böswilliger Mensch, von wegen Jagdfrevel, Ruhestörung, Widersetzlichkeit,
Brandstiftung und dessen Tochter wegen Diebstahl bekannt und gefürchtet. Seine
Nachkommen werden und sind zum Theil schon bösartiger als der Vater selbst",
berichtete das Bezirksamt aus der Gemeinde. R. selbst gab an, er erhoffe sich ein
besseres Leben in Nordamerika, „da die Löhne weit größer und stärker sind als
bei uns." (Gemeindearchiv Herten, Akte XIV, Faszikel 1 und 4). Auch in diesem
Fall gewährte der Staat einen Zuschuss, um sich und die Gemeinde von dieser Familie
zu befreien.
Aus Degerfelden kam Anfang 1863 eine Anfrage bei der Basler Agentur Zwilchenbart
& Barbe an über die Bedingungen der Abschiebung der in Haft sitzenden
23-jährigen Adelheid B. in die USA. Wie die Auswanderin gekleidet sein müsse,
um bei den Einreisebehörden in Amerika keinen Verdacht zu erwecken und ihre
Zurückweisung zu riskieren, wollte man wissen. Es sei von ihrer Seite nichts vorgeschrieben
, erwiderte die Agentur, „wenn die Paßagiere wenigstens nur mit einfacher
Kleidung aber reinlich erscheinen". Der Gemeinderat ließ der Adelheid B.
Reisekleidung anfertigen: „Das Maas wird nächsten Sontag eine Näherin von hir
der A. B. nehmen und die Kleider dan fertigen, welches gewis billiger zu stehen
kommt als in Lörrach." Die Agentur forderte vor dem Vertragsabschluss, dem sog.
Akkord, eine schriftliche Einwilligung ihrer „Abschiebung" von Frau B., Weil sie
fürchtete, die B. könne sich vor der Abreise im Seehafen „flüchtig machen, und so
könten dieselben keine Bescheinigung vorlegen über die gehörige Einschiffung,
und so wäre das bezahlte Aufgeld mit wenigstens 10 fl verloren."
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