http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2010-01/0089
Die aktenkundigen Auswanderungsfälle aus den Rheinfelder Ortschaften gliedern
sich nach folgenden Personen:
Ehepaare: 38
deren Kinder: 125
ledige Mütter: 10
deren Kinder: 21
(ledige?) Väter: 3
deren Kinder: 9
Witwe/r: 6
deren Kinder: 20
alleinstehende Männer: 52
alleinstehende Frauen: 15
Diese 299 Personen sind als die Spitze eines Eisbergs zu betrachten.
Vorkehrungen vor der Reise
„ ...hiemit meiner Kindspflicht genug gethan zu haben."
Eine gesetzmäßige Auswanderung wurde nach einem bestimmten Verwaltungsverfahren
abgewickelt, das E. Weeger bereits 1988 in dieser Zeitschrift beschrieben
hat.52)
Der Auswanderungswillige verkaufte oder versteigerte vor seinem endgültigen
Fortgang sein Hab und Gut und schaffte sich gegebenenfalls die für die Überfahrt
nötigen Dinge an, wie Matratze, Kochgeschirr etc. Manch eine Immobilie oder ein
Grundstück wechselte so zu einem günstigen Preis in das Eigentum der Gemeinde
über. Oft finden sich in den Verträgen Klauseln, die dem Verkäufer eine provisorische
Existenz bis zu seiner Abreise sicherten, wie z. B. bei Johann Brugger von
Eichsei: „Verkäufer behält sich das unbeschränkte Wohnungsrecht in der Behausung
, in Scheuer und Stallung aber Platz für 1 Stück Vieh zu stellen, zu füttern,
auch Platz für Futter und Dung, endlich die Benutzung des Kraut und Grasgartens
bis 1. Dezbr. d. J. vor."53)
Auch der Bürgergenuss, der Anspruch auf ein Quantum Holz aus dem Gemeindewald
und/ oder das Recht auf Gemeindeland fiel in der Regel wieder an die Gemeinde
zurück. Der Auswanderer verzichtete damit quasi auf die Sicherung seines Existenzminimums
im Alter - ein weiterer Beleg dafür, dass niemand sich leichtfertig
auf ein solches Abenteuer einließ, sondern die Umstände ihn dazu zwangen.
Manch ein Auswanderer oder eine Auswanderin ließ Vater und/ oder Mutter zurück
. Auch für deren Unterhalt musste gesorgt werden. Oft überließ man zu diesem
Zweck der Gemeinde das Häuschen oder den Erlös aus dem verkauften Besitz
. Ein Beispiel mag Karoline Schlageter aus Nordschwaben sein, die im Jahre
1855 erklärte: „Ich habe ferner ein im J. 1849 erbautes Haus das mit 750 fl in der
Brandkasse steht und bin bereit, es der Gemeinde für 400 fl zu überlassen, wo
dann dieselbe die Verbindlichkeit zu übernehmen hätte, meinen 73-jährigen Vater
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