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„Nachricht von Otto Stoer in Basel.
Der französische Postdampfer 5Canada\ Capitän Frangeue, der Comp. Generale
Transatiantique angehörend, welcher am 17. Februar von Havre abging, ist am 1.
März, Morgens 9 Uhr, glücklich in New York angelangt. Ich theile dies Freunden
und Bekannten von Heinr. Ackermann, Formstecher, auf dessen Verlangen auf diesem
Wege mit. Otto Stoer". Das Bezirksamt Lörrach teilte dem Verleger der Zeitung
mit, dass diese Anzeige unerlaubt sei.
Deutsche, von der Regierung konzessionierte Auswanderungsagenturen waren
in hiesiger Gegend: Edwin Marquart und Otto Eber in Lörrach, Schöpflin-Sänger
in Rändern und Emil Ebner in Efringen (1867). 1888 kam noch Agent Schittler in
Lörrach dazu, der auf Auswanderungen nach Kanada spezialisiert war.55)
Die Reise
Die meisten Auswanderer begaben sich per Fuhrwerk zu den Anlegeplätzen der
Rheinschiffe in Basel, und von dort schipperten sie in Richtung Norden. Je nachdem
, welchen Hafen sie anvisierten, ging der letzte Teil der Reise auf europäischem
Boden per Eisenbahn nach Antwerpen, Le Havre, Rotterdam oder Bremen
(Hauptüberseehafen ab etwa 1880). Ab dem 22. Januar 1851 konnte man auch mit
der Eisenbahn von der damaligen Endhaltestelle Haltingen aus die 264 km nach
Mannheim reisen. In der III. Klasse kostete das 5 fl. 27 er, im Stehwagen 3 fl.
27 er. Im Februar 1856 wurde dann die Strecke Basel - Säckingen eingeweiht.56)
Von Mannheim aus ging es wieder auf dem Rhein bis Köln und dann mit der Eisenbahn
nach Bremen.
In Krisenzeiten wie kurz vor der Badischen Revolution versuchten völlig verarmte
Menschen ohne die geringste Kenntnis von dem, was sie erwartete, irgendwie
einen Hafen zu erreichen. So sah sich die belgische Regierung 1847 veranlasst
, Leute ohne Geld oder Schiffs vertrag, die nach Antwerpen wollten, nicht
mehr über ihre Grenzen zu lassen.57)
Einige Auswanderer nahmen ausschließlich den Landweg zu einem Überseehafen
, wie der Landwirt Karl Roniger von Nollingen, der 1849 in einem Brief berichtete
: „Was meine Reise betrifft, bin ich glücklich über Thann, Epinal, Nancy, Cha-
lons, Paris bis Havre gekommen, wo ich den 10. einschiffen werde auf ein grosses,
schön gebautes amerikanisches Dreimasterschiff. Uebrigens ist die Menge der
Auswanderer überaus groß."58)
Ein mit der Antwerpener Agentur Strecker, Klein & Stock abgeschlossener Vertrag
aus den 1850-er Jahren (genaues Datum fehlt) beinhaltete folgende Leistungen
: Die Fahrt auf Dampfschiffen von Mannheim bis Köln und mit der Eisenbahn
von Köln bis Antwerpen. Von der Anmeldung in Mannheim (10. 8.) bis zur Abfahrt
in Antwerpen (15. 8.) waren fünf Tage angesetzt. Jeder Erwachsene durfte
zwei Zentner Gepäck mitnehmen. Im Seehafen mussten die Auswanderer selbst
für Unterkunft und Verpflegung aufkommen. Am Tage vor der Abreise durften sie
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