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ter Spitznagel an, dass ein Zusammengehen mit Rheinfelden nur Nachteile bringen
würde. Gemeinderat Löffler sprach die Befürchtungen der Karsauer deutlich
aus: „Bleibt Karsau selbständig, so fließen die Geldmittel in die Karsauer Baugebiete
, geben wir die Selbständigkeit um einer vermeintlichen Rationalisierung
auf, so fließen die Mittel nach Rheinfelden und fördern die dortige Entwicklung
."35
Mit seinen 3300 Einwohnern war Karsau zu Beginn der 1970er Jahre vorbildlich
für ein Gemeinwesen in dieser Größenordnung. Bürgermeister Willi Spitznagel,
der bereits 13 Jahre im Amt war, hatte für den Bau einer Mehrzweckhalle mit
Sportstätte gesorgt, seit den 60er Jahren wurde der soziale Wohnungsbau gefördert
, die Wasserversorgung und Kanalisation stetig ausgebaut. Seit den 1950er Jahren
war auch eine chemisch-mechanische Kläranlage vorhanden. Dies alles war
durch ein Gewerbesteueraufkommen von 1,266 Millionen Mark, einem Drittel des
Haushaltsvolumens, möglich geworden.
In einem Interview der Badischen Zeitung am 10.11.1972 sagte Bürgermeister
Spitznagel: „Rheinfelden hat Karsau immer nur zur Kasse gebeten, nie als Partner
... behandelt."36
Als die Zielplanung des Innenministeriums Stuttgart für die Region Hochrhein
der Öffentlichkeit im Februar 1973 vorgelegt wurde, sprach Karsaus Bürgermeister
zwar zunächst von einem Fasnachtsscherz, signalisierte jedoch im März die Bereitschaft
, mit Rheinfelden (Baden) eine Verwaltungsgemeinschaft einzugehen.
Erste Gespräche über Fragen der Zielplanung zwischen Bürgermeister King und
Bürgermeister Spitznagel folgten. Die Selbständigkeit wollten sich die Karsauer
jedoch nicht nehmen lassen. Immer wieder beklagten die Karsauer Gemeinderäte
den geringen Spielraum, den ihnen die Zielvorgabe der Landesregierung ließ. Verschiedene
Möglichkeiten wurden in Erwägung gezogen, die Bildung eines Teilbereiches
mit Schwörstadt innerhalb des Verwaltungsraumes Rheinfelden, eine Verwaltungsgemeinschaft
mit Nordschwaben oder doch der Zusammenschluss mit
Rheinfelden? Der Karsauer Gemeinderat erkannte schließlich, dass der Erhalt der
Selbständigkeit in Zukunft nicht mehr möglich sein würde, dass lediglich über die
Vereinbarung einer Ortschafts Verfassung eine gewisse Selbständigkeit für die Gemeinde
erhalten bleiben konnte. Man hielt jedoch an der Ablehnung des Zielplanungsentwurfs
der Landesregierung fest und strebte weiter die Bildung eines Teilverwaltungsraumes
Karsau innerhalb des Verwaltungsraumes Rheinfelden an. Es
wurde erneut verhandelt und im Juni 1973 schickte Bürgermeister King den Entwurf
einer Vereinbarung zur Eingemeindung Karsaus an Bürgermeister Spitznagel.
Der Entwurf, der sich an der Vereinbarung mit Herten orientierte, sollte Diskussionsgrundlage
für weitere Gespräche sein. Bürgermeister Spitznagel zeigte sich jedoch
empört und drohte damit, beim Verlust der Selbständigkeit Karsaus sein Amt
niederzulegen. Schließlich nahm er auch nicht mehr an den Verhandlungen mit
Rheinfelden (Baden) teil. Nach Spitznagels Ausscheiden aus der Verhandlungsdelegation
übernahm Gemeinderat Walter Löffler die Leitung. Die Verhandlungskommissionen
bemühten sich, einen Vertrag auszuhandeln, der auf der Grundlage
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