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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
72.2010, Heft 1.2010
Seite: 114
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der Ortschaftsverfassung für die Gemeinde Karsau die bestmöglichen Bedingungen
vorsah. Im Juli 1973 war die freiwillige Eingliederung noch möglich.

Innenminister Karl Schiess nannte Karsau „einen echten Problemfall", als Karsau
, das immer noch mit Nordschwaben eine Verwaltungsgemeinschaft anstrebte,
vor Gericht zog.37 In der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Freiburg zu Beginn
des Jahres 1974 erklärte Bürgermeister Wiedmann, dass Nordschwaben inzwischen
an einer Verwaltungsgemeinschaft mit Karsau nicht mehr interessiert
war, selbst wenn diese genehmigt werden würde.38 Der Vorsitzende Richter bemängelte
, dass es Karsau im Grunde nur noch darum ging, die eigene Selbständigkeit
zu erhalten. In der Urteilsverkündung wies das Verwaltungsgericht Freiburg deshalb
die Klage zum Ärger von Karsaus Bürgermeister ab.

Nach dem Willen der Gemeinderatsmehrheit hätte sich Karsau nun zum 1. April
1974 freiwillig nach Rheinfelden (Baden) eingliedern lassen sollen. Doch dann
kam das überwältigende „Nein" der Bürgeranhörung dazwischen. 80 Prozent der
Karsauer stimmten gegen Rheinfelden (Baden) und der Gemeinderat beugte sich
dem Bürgerwillen. Um die Selbständigkeit zu erhalten, wandten sich daraufhin einige
Karsauer Gemeinderäte an Innenminister Karl Schiess. Er antwortete: „Ich
habe volles Verständnis für die derzeitige kommunalpolitische Situation der Gemeinde
Karsau... Die Landesregierung ging bei ihrer Entscheidung, die Gemeinde
Karsau in die Stadt Rheinfelden einzugliedern, davon aus, dass bei den bestehenden
intensiven Verflechtungen zwischen Rheinfelden und Karsau sowie der räumlichen
Nähe beider Gemeinden zueinander, die Beibehaltung der Selbständigkeit
der Gemeinde Karsau nicht reformgerecht wäre."39 Er bat um Verständnis dafür,
dass die Landesregierung an ihrer Auffassung, dass die Eingliederung geboten war
und verwirklicht werden sollte, festhalten musste.

Im September 1974 erreichte ein Schreiben des Landratsamtes die Gemeinde
Karsau, in dem nochmals, als „letzte Brücke", die Aufnahme von Verhandlungen
auf freiwilliger Basis mit der Stadt Rheinfelden (Baden) empfohlen wurde. „Es
wäre nicht nur von der Optik her, sondern auch für die Zukunft der Gemeinden
besser, wenn sie sich zur Verhandlung entschließen könnten." Man hoffte, dem gesetzlichen
Zwang so die schärfste Spitze zu nehmen. Doch Bürgermeister Willi
Spitznagel und die Gemeinderäte, denen die Badische Zeitung vorwarf, „in einem
Anflug von Starrsinn" die letzte Chance zu verspielen, fühlte sich an das Bürgervotum
vom Januar 1974 gebunden. Verhandlungen mit Rheinfelden (Baden) wurden
weiterhin entschieden abgelehnt. Die Badische Zeitung zitierte Willi Spitznagel
: „Ich muss nun die Dinge über mich ergehen lassen. Ich bin auf alles ge-
fasst."40

Schließlich wurde Karsau zum 1. Januar 1975 von Gesetzes wegen zwangsweise
nach Rheinfelden eingemeindet.

Von kurz nach Mitternacht bis um ein Uhr morgens, fast eine Stunde lang, läutete
in Karsau das Totenglöckchen in der Friedhofskapelle zum Ende der Selbständigkeit
der Gemeinde. In der Neujahrsnacht wurde außerdem das Karsauer Rathaus
von Unbekannten mit einer schwarzen Fahne beflaggt. Bürger der Gemeinde

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