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einfach, sowohl untereinander als auch mit dem Ortspfarrer, Bürgermeister und
Gemeinderat, den Vertretern des Frauenvereins und der Einwohnerschaft gleichermaßen
gut auszukommen. So war des Öfteren ein Wechsel in der Besetzung der
Krankenstation zu verzeichnen. Über eine Schwester, die zunächst „liebevoll, geachtet
und beliebt gewesen" sei, hieß es beispielsweise wenige Jahre später, ihr
körperlicher und seelischer Zustand habe sehr gelitten, so dass sie mittlerweile als
apathisch, gehässig und hochgradig überreizt beschrieben werden müsse.7
Zu einer Krise kam es zu Beginn der 1920er-Jahre, als das Provinzhaus in Hegne
damit drohte, die Krankenschwestern ganz aus Minsein abzuziehen. Bedingt
durch die damals herrschende Inflation, sah sich das Provinzhaus gezwungen, die
Aufwandsentschädigungen für die Schwestern zu erhöhen. Dieses Vorgehen stieß
offenbar in der Minseiner Einwohnerschaft auf Kritik, und die Schwestern meldeten
entsprechende Bemerkungen nach Hegne weiter. Wenn der Unterhalt der
Schwesternstation für die Bevölkerung eine solch große Belastung darstelle und
das Interesse daran so gering sei, so das Provinzhaus, sei man gerne bereit, die
Schwestern abzuziehen, es herrsche ohnehin überall Schwesternmangel.8
Doch die Wogen scheinen sich geglättet zu haben, denn die Station wurde nicht
aufgelöst. Im Gegenteil, sie erfuhr wenige Jahre später sogar noch eine Erweiterung.
Am Vorabend von Maria Lichtmess, am 1. Februar 1929, gründeten 34 Personen
in der Gemeinde Nordschwaben den St. Marienkrankenverein. Auch hier sollten
nun die Kranken die Möglichkeit haben, durch eine ausgebildete Schwester gepflegt
zu werden. Für Nordschwaben hätte zwar eine Krankenschwester ausgereicht, doch
waren die Mutterhäuser nicht bereit, eine einzelne Schwester alleine auf eine Station
zu schicken. So entschied man sich für eine Zusammenarbeit mit Minsein und
beschloss, die Schwester für Nordschwaben in der dortigen Schwesternstation unterzubringen
.
Am 24. März 1929 schlössen der St. Marienkrankenverein Nordschwaben und
der Frauenverein Minsein den entsprechenden Vertrag. Alle drei Schwestern waren
verpflichtet, bei Notfällen auch im jeweils anderen Dorf Hilfe zu leisten. Der Marienkrankenverein
beteiligte sich mit einem Beitrag zur Miete, freiwilligen Lebensmittelgaben
und einer Holzbeihilfe an den entstehenden Kosten. Durch diese „Regelung
in freundschaftlichem Sinne" glaubten beide Vereine, die Schwesternstation
Minsein „für alle Zukunft" gesichert zu haben.9
Dass es noch im selben Jahr zu weiteren einschneidenden Veränderungen für die
Krankenschwestern kam, hing mit der Entwicklung des Schulwesens in Minsein
zusammen.
Bisher war im 1824 erbauten Schulhaus Unterricht gehalten worden. Ursprünglich
befanden sich in diesem Gebäude im Erdgeschoss die Klassenzimmer, im ersten
Obergeschoss die Wohnung für den Lehrer. Doch als man Räume für die Gemeindeverwaltung
benötigte, richtete man diese in der ehemaligen Lehrerwohnung
ein. Aus der Schule war somit ein Schul- und Rathaus geworden. Für den Lehrer
kaufte die Gemeinde das Haus des Schreiners Johann Widmann, das damit zum
Lehrerwohnhaus wurde.
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