http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2010-01/0141
Der Name „Leuengraben" geht auf ein lateinisch-romanisches labina zurück, das
über lavina zu schweizerisch Laui, Läui, Läu (Mehrzahl: Läuene) wurde. Damit
bezeichnet man eine Lawine oder Erdrutschung und ganz allgemein einen Schlipf,
also einen Ort, wo die Erde abrutscht.5)
Bei den zum Teil recht steilen Hängen des „Leuengrabens" kommen solche Erdrutsche
auch noch heute vor, wie die Aufnahme von 2009 zeigt.
Das Interessante an diesem Namen ist nun sein isoliertes nördliches Vorkommen
, das an ein vorgermanisches Reliktgebiet in unserem Raum denken lässt.
Eine solche Siedlungsinsel bestand im vorderen Hochrheintal auch tatsächlich,
denn hier lebten noch etwa 100 Jahre nach der alamannischen Landnahme (um
260 n. Chr.) römische oder romanische Bevölkerungsreste. Diese standen unter
dem Schutz des linksrheinischen römischen Kastells Kaiseraugst (Castrum Raura-
cense) und trieben über die Brücke von Wyhlen mit diesem Handel. Davon zeugen
8 römische Münzen aus der Mitte des 4. Jahrhunderts, die auf der Gemarkung
Wyhlen gefunden wurden.6)
Somit ist der Name „Leuengraben" ein interessantes Reliktwort aus der vorala-
mannischen Zeit unseres Gebietes.
Anmerkungen
1) Staatsarchiv Basel-Stadt, St. Clara C Berainsregistratur (14. und 15. Jahrhundert), Blatt 157
2) Staatsarchiv Aargau, Berain Nr. 7468, S. 31
3) Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 1, Leipzig 1872, Sp. 1866 und Erhard
Richter: Die Flurnamen von Wyhlen und Grenzach in ihrer sprachlichen, siedlungsgeschichtlichen
und volkskundlichen Bedeutung (=Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte, Bd. XI,
1962, Nr. 481)
4) Ernst Ochs: Badisches Wörterbuch, Bd. 3, Lahr 1997, Sp. 424
5) Schweizerisches Idiotikon, Bd. 3, Frauenfeld 1895, Sp. 1539 ff. Bei der Besprechung meiner Flurnamenarbeit
hat schon 1964 der Schweizer Namenforscher Prof. Paul Zinsli auf diese Möglichkeit
hingewiesen („Zeitschrift für Volkskunde", I-II / 1964, S. 108 ff.). Auch mein Studienfreund Prof.
Wolfgang Kleiber von der Universität Mainz vertritt diese Ansicht.
6) Paul Reinle im Jahresheft des Vereins für Heimatgeschichte Grenzach-Wyhlen, 2. Jahrgang, 1984,
S. 27 ff.
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