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tive mit Personenwagen von Freiburg nach Schliengen. Ein Bahnhof wurde erst
1888 erbaut, die Haltestelle jedoch 1924 wieder aufgehoben. Den Dorfbewohnern
brachte das Projekt zwar neue Verdienstmöglichkeiten, aber es veränderte auch
gravierend das Dorfbild. Neun Anwesen mussten für den Bau abgerissen werden,
und ein hoher Damm trennte von dort an Eschbach in zwei Hälften.
Vorbei mit der Dreiteilung „unten, mitten und oben im Dorf", auch der Dorfmittelpunkt
mit der Linde und der Tanzlaube war dem Bahnbau zum Opfer gefallen.
Damals wusste man noch nicht, welche Lärmbelästigung die Eisenbahn in späterer
Zeit bedeuten würde, wenn alle drei Minuten ein Zug am Rathaus vorbeisaust und
die Fensterscheiben der umliegenden Häuser zum Klirren bringt. Mit so umwälzenden
Veränderungen wie der Trennung des Dorfes in zwei Teile hatten sich nur
einige wenige Ortschaften abzufinden. Hier beeinträchtigten sie jedoch - auch
durch den hohen Damm - das gesamte Erscheinungsbild des Dorfes.
Der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich 1870/71 zeigte wie schon so
oft die gefährdete Lage Eschbachs. 34 Männer zogen ins Feld, einer kam nicht
wieder. Die Kriegsteilnehmer gründeten später einen Verein, in dem - wie in anderen
Kriegervereinen auch - die „Helden" verehrt und die Kriegsbereitschaft gefördert
wurde. Im 1871 gegründeten Deutschen Reich wurde das so lange ersehnte
„einig Vaterland" gefeiert; nationalistische Strömungen nahmen zu und ebneten so
den Weg in den nächsten Krieg. Das Elsass, zu dem Eschbach Jahrhunderte lang
enge Kontakte unterhalten hatte, gehörte nach rund 220 Jahren erneut zu Deutschland
. Von dort kamen 1919 die von den Franzosen ausgewiesenen deutschstämmigen
Elsässer zurück.
Schwer taten sich die Bauern mit der 1876 für ganz Deutschland eingeführten
Mark. Noch lange wird in den Gemeindebüchern mit Gulden gerechnet, wird das
Korn in Sestern gemessen statt im metrischen System. An noch mehr Neuerungen
mussten sich die Menschen im Dorf gewöhnen, an Kreditinstitute, Versicherungen
und Krankenkassen mit zunächst freiwilligem Eintritt. Weitere Veränderungen
brachten die Einführung des elektrischen Stroms ab 1904 und die Fertigstellung der
Wasserleitung noch kurz vor dem Ersten Weltkrieg. In jedem Haus gab es nun Wasser
und musste nicht mehr von den Frauen am Pumpbrunnen geholt werden.
Umwälzungen im 20. Jahrhundert
Nicht nur durch Aus- und Abwanderung nahm die Einwohnerschaft in Eschbach
seit Mitte des 19. Jahrhunderts ab, sondern auch wegen der durchschnittlich geringeren
Kinderzahl pro Familie. 1910 lebten nur noch 651 Personen im Dorf gegenüber
976 im Jahr 1849. Das generative Verhalten hatte sich geändert, auch die Einstellung
Kindern gegenüber. Viele Frauen, vor allem ledige, mussten Geld verdienen
und schickten ihre Kinder in die 1908 entstandene „Kinderschule".
Der Rückgang der Einwohnerschaft ist in vielen anderen Gemeinden ebenfalls
festzustellen. Der badische Staat machte sich daher schon Anfang des 20. Jahrhun-
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