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zur Verfügung gestellt, zusammen mit anderen, sehr seltenen Dachstühlen, als Beispiel
einer hervorragenden Konstruktion des ausgehenden Mittelalters in unserem
Lande.
Die gewählte Konstruktion ist in statischer Hinsicht besonders eindrucksvoll.
Sie ist äußerst standsicher, sowohl in Längs- als auch in Querrichtung und klar gegliedert
.
In Längsrichtung sind durchgehende Auskreuzungen (Andreaskreuze) angeordnet
und wirken wie ein stabiles Fachwerk, in jeder der drei Dachebenen.
In Querrichtung sorgen aufeinander gesetzte Rahmenkonstruktionen mit Holznagelverzapfungen
für eine sehr gute Querstabilität.
Schwere Windböen und heftige Stürme können dieser Konstruktion nichts anhaben
, wie z. B. Sturm „Lothar" am 26.12.2000. Außer ein paar zerbrochenen alten
Dachziegeln war kein weiterer Schaden festzustellen.
Die gemauerten zwei Giebelwände (Süd- und Nordseite) sind mittels kraftschlüssigen
Verankerungen (Schlaudern) mit dem Dachstuhl verbunden und sind
dadurch sehr gut stabilisiert.
Bei der Sanierung mussten nur etwa vier Auflagerstellen des Dachstuhles (von
insgesamt 17) repariert werden, und dies nach über 500 Jahren! Hätte man im Rinnenbereich
(Traufe) das Dach regelmäßig gesäubert und beschädigte Ziegel ausgewechselt
, dann wären keine Schäden entstanden.
Für die Verbesserung der 1. Ebene des Speichers (entspricht der Decke über dem
2. OG) wurde diese Ebene verstärkt mit Hilfe eines zusätzlichen Bretterbodens.
Diese Bretter wurden mit den alten Deckenbalken verschraubt, so dass eine stabile
„Deckenscheibe" entstand, welche die Gesamtstabilität des Gebäudes wesentlich
verbesserte. Dabei mussten einige Deckenbalken verstärkt werden.
Fundmaterial
Die Untersuchungen erbrachten insgesamt ein äußerst reichhaltiges Fundmaterial
, vor allem aus dem Graben. Es ist meist in das 15. bis 17. Jh. zu datieren; die
vorgenannten Auffüllschichten enthalten reichlich Funde des 13. bis 15. Jh. Mehrere
Zentner Fundmaterial zeigen wesentliche Aspekte des Alltagsleben in diesem
vornehmen Gebäude auf: Neben Haushaltskeramik, Lampenschälchen, Gläsern
und zahlreichen Ofenkacheln von mehreren verschiedenen Öfen sind etwa 280
Buntmetallfunde bemerkenswert. Darunter befinden sich zahlreiche Gürtelschnallen
und -beschläge (einige offenbar versilbert), Nadeln (vermutlich von Hauben
oder aufwendigen Frisuren), Kleiderösen und -häkchen, einige Buchschließen,
zwei Ortbänder von Schwertscheiden, ein Schreibgriffel und elf Münzen.
Im Bereich des Treppenturms wurden Teile eines italienischen Fayencetellers
(17. Jh.?) gefunden, außerdem ein Knochenkamm und zwei vollständige runde
Napfkacheln mit grüner Innenglasur. Einige Miniaturgefäße und Murmeln sind
dem Kinderspielzeug zuzurechnen. Bruchstücke von Schröpfköpfen aus Ton zei-
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