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Geschichte und Vorkommen
Der Brauch ist wohl schon in früher heidnischer Zeit ausgeübt worden. Die erste
Erwähnung stammt dann vom 21. 3. 1090, als eine glühende Scheibe ein Nebengebäude
des Klosters Lorsch in Brand gesetzt hatte. In der Hauptsache findet er
sich heute im Schwäbisch-Alemannischen, aber auch im Vinschgau und Vorarlberg
, in Tirol nur um Landeck, in der Schweiz im Bündner Oberland und um
Chur. Im Markgräflerland ist er im Krieg eingeschlafen, wurde aber schon bald danach
wieder fortgeführt, etwa in Neuenburg am Rhein. Im Münstertal ist die Tradition
allerdings erst am 27. 2. 1971 auf dem „Schibuck" am Köpfte wieder aufgenommen
, worden, wie Manfred Lange berichtet.
Seitdem ist der Brauch wieder gelebte Tradition. Traditionell haben die Schulabgänger
der örtlichen Volksschulen die Feuer ausgerichtet, in manchen überwiegend
evangelischen Dörfern auch die Konfirmanden; heute sind es oft Feuerwehren oder
Vereine, nicht nur Fasnachtsvereine. Traditioneller Termin ist der erste Fastensonntag
(Invocavit); einzelne evangelische Gemeinden feiern auch erst am 2. Fastensonntag
(Reminiscere). Vielfach werden die Feuer heute aber auf den vorausgehenden
Samstag vorverlegt, weil die Leute ja am Montag früh wieder arbeiten müssen.
Freilich hat sich, wie könnte es anders sein, der Brauch heute auch zu einer Art
Touristenattraktion entwickelt, auf der man immer weniger Alemannisch hört und
kaum mehr die typischen Begleitsprüche, wie Beatrice Ehrlich bedauernd vermerkt
. Und nicht nur das. Er zeigt seit einiger Zeit Aspekte eines typischen Leistungssports
, etwa am Dinkelberg, am Hochrhein, neuerdings auch in Müllheim.
Hier haben die Feuerschläger vom Hachberg 2012 erstmals „Schibi-Schibo-Meis-
ter" ermittelt. Jugendmeister am Köpfle war Jonas Pfefferle mit rund 6 Sekunden
Flugzeit, Erwachsenenmeister Thomas Bläsi mit über 10 Sekunden, den freien
Fall am Hang eingerechnet. Kinder sind schon froh, wenn sie 3-4 Sekunden erreichen
.
Die Flugzeit läßt sich ja leicht genau abstoppen, die Flugweite aber nur grob
schätzen. Wichtig für einen gelungenen Weitschuss ist letztlich aber die Anfangsgeschwindigkeit
und der Startimpuls, welche die Scheiben im Moment des Loslösens
vom Stecken haben.
Dazu einige Beobachtungen, Experimente und einfache Berechnungen.
Flugbahn, Anfangsgeschwindigkeit und Startimpuls
Was mag den Scheiben-Werfern wohl wichtig sein für die Beurteilung ihrer Würfe
? Neben einer gut gelungenen, stabilen Flugbahn der möglichst hell glühenden
Scheibe, die anfangs schräg aufwärts führt, ist das zweifellos die Wurfweite über
Grund SGmnd und, damit gekoppelt, die Flugzeit tFiug. Die Scheibe sollte möglichst
weit fliegen und damit auch möglichst lange in der Luft bleiben. Beide Kenngrößen
werden positiv beeinflusst durch eine große Masse M bzw. ein großes Gewicht Fg
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