http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2013-01/0083
Schmiede fleißige Handwerker, die durchaus im Akkord arbeiten konnten, wie
Ernst Wollmann die Tätigkeit eines Nagelschmieds in Adenau im Landkreis Ahrweiler
in der Hocheifel beschreibt:
„Die Anfertigung der Nägel erforderte einige geübte Schläge und eilige
Handgriffe, denn man mußte das Eisen schmieden, solange es warm blieb.
Mehrere Eisenstangen steckten mit einem Ende in den glühenden Kohlen.
Auf dem etwa 25 cm langen und 3 cm breiten Amboß, der auf einem festen
Holzblock aufgesetzt war, sah man an einer Seite ein Loch, in das die vorgeschmiedete
glühende Spitze des Nagels hineingesteckt wurde. Der noch
nicht fertige Nagelkopf schaute ungefähr 112 cm aus dem Loch heraus,
nachdem vorher die Länge des Kopfes angeschrotet und danach abgebrochen
wurde, über dem Amboß erblickte man einen schweren Formhammer,
das Kopf eisen genannt. Es hatte auf der unteren Seite eine dem Nagelkopf
entsprechende Vertiefung. Ein Tritt auf den Fußhebel genügte, und der
Hammer fiel genau auf den zu formenden Nagelkopf herunter. Beim Loslassen
des Fußbrettes ging der Formhammer wieder hoch. Der Nagel war fertig
, steckte aber noch im Loch des Ambosses. Durch einen Schlag eines unter
dem Amboß angebrachten spitzen Bolzens sprang der fertige Nagel in
einen seitlich dafür vorgesehenen Eisenkasten. So waren viele eilige Handgriffe
und Fertigkeiten notwendig, um einen einzigen Nagel zu schmieden.
Der Verdienst war gering, wenn man bedenkt, daß für vier Stück nur ein
Pfennig gezahlt wurde. Die Tageshöchstleistung betrug bei großem Fleiß
1000 Stück, also 2,50 Mark tägliche Einnahme. Auch die Kinder des Meisters
wurden in den Arbeitsprozeß eingespannt. Galt es doch, die verschiedenen
Nagelsorten zu ordnen oder zu 100 oder 200 Stück in Säckchen abzuzählen
, um dadurch den Verkauf, der an Sonntagen oder an Markttagen
getätigt wurde, zu erleichtern. Gleichzeitig machte man an diesen Tagen
auch neue Bestellungen. So blieb der Schmied dauernd in Arbeit, und das
war notwendig, wenn er seine Familie mit dem kargen Lohn und dem Erlös
aus der kleinen Landwirtschaft ernähren wollte6)".
Auch die Schmiedefamilie Berger, die übrigens zeitweise in Konkurrenz zu einer
zweiten Schmiede im Dorf, der Schmiede Ankelin, stand, kam ohne einen Zusatzverdienst
nicht aus. Einige Fotos in der Museumsdokumentation zur Geschichte
der Schmiede zeigen die Familie beim Einsatz in der Landwirtschaft. Markus
Moehring erwähnt in seiner Museumsbroschüre, dass eine kleine Landwirtschaft
von Anfang an zur Schmiede Berger gehörte7). Die Selbstversorgung der Familie
war mit zwei bis drei Kühen und Schafen sowie ein paar Äckern und Wiesen gesichert
. Gemüse wurde ebenfalls angebaut. Bei der täglichen Ernährung spielte nicht
nur die Arbeitskraft und das Einkommen des Mannes eine Rolle: Frau und Kinder
mussten mit anpacken, die Frauen der Schmiede übernahmen Feld- und Gemüseanbauarbeiten
, schrieben aber auch Rechnungen und trugen diese aus. Zudem
sprangen Frau und Kinder gelegentlich in der Schmiede ein, wenn kleinere Hilfsarbeiten
gefragt waren oder Pferde während des Hufeisenwechsels gehalten wer-
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