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de? Natürlich könnte man diesbezüglich einmal mehr die Verantwortlichkeit bei Mül-
eck suchen. Doch wäre es nicht möglich, dass die Unzuverlässigkeit und Nachlässigkeit
dieses jungen Geistlichen z. T. darin begründet waren, dass er den Herrn Hofsekretär
Schwanbach nur allzu gut kannte und keineswegs gesinnt war, diesem noblen
Herrn zu Diensten zu stehen und ihm die Arbeit abzunehmen, ihm, der gerne andere
für sich arbeiten ließ und nun seinen Reichtum noch zusätzlich als Zeichen großer
„Pietas" durch ein vermutlich alle bisherigen Neuenburger Epitaphe (sofern es solche
gab) in den Schatten stellendes Monument herausstreichen wollte? Auffallend ist in
diesem Zusammenhang mindestens dies: Die Bodenplatte, auf deren baldige Verlegung
der Stadtpfarrer dringen musste, weil das Grab vermutlich nur provisorisch gedeckt
war, wurde (ebenfalls in Basel) in Auftrag gegeben, hergestellt, geliefert und
bezahlt, ohne dass Amerbach dabei nachweislich hätte mitwirken müssen!
Bezüglich Schwanbachs Verhalten weist ein Brief vom 17. Juni 1567 in die gleiche
Richtung,27 der den folgenden epitaphgeschichtlichen Epilog enthält: Offensichtlich
veranlasst durch eine Anfrage des Basilius, ob der Freund in Freiburg
nicht noch weitere Aufträge für den Basler Steinmetz ausfindig machen könnte,
antwortet Schwanbach in der Art diplomatisch-verbindlich, in der Sache jedoch
hart: Der Basler Bildhauer™ habe seine Arbeit nach seinem Dafürhalten so gewissenhaft
und kunstvoll ausgeführt, dass er sich seiner bei nächster Gelegenheit gerne
wieder erinnern werde. Augenblicklich sei jedoch nichts vorhanden, bei dem
ihm dieser nützlich sein könnte, außer dem Monument für seinen Bruder.28 Er halte
es jedoch für ratsamer00, dieses in Freiburg herstellen zu lassen. Soll man diese
Absage so deuten, dass es damals für den nachweislich fest dem Alten Glauben
verbundenen und vom Papst 1564 hoch honorierten Höfling nicht in Frage kommen
konnte, in Freiburg ein von der neugläubigen Basler Konkurrenz geschaffenes
Epitaph aufstellen zu lassen, auch wenn es von bester Qualität war? Dies vermutlich
im Gegensatz zum kultur- und religionspolitisch eher peripheren und weniger
exponierten Neuenburg.29
Was bietet der vorliegende Fund nebst dem Personengeschichtlichen für die Geschichte
Neuenbürgs und Basels?
Dieser Epilog zwingt uns schließlich, die Aufmerksamkeit von Neuenburg weg
auf die damalige Basler Kulturgeschichte zu richten und darauf hinzuweisen, dass
damals die Basler Kunstschaffenden noch stets unter den Folgen der reformatorischen
Ablehnung von religiöser Kunst litten, und zu überlegen, ob das seit ca.
1550 zunehmend wieder geduldete und hernach in großen Aufschwung gekommene
Setzen von Epitaphien in Basel nicht nur religionspolitisch-ideologische Gründe
(lutherische Einflüsse!) gehabt haben könnte, sondern auch als ein sozialpolitisches
Phänomen zu deuten wäre.
Zu bedauern ist jedoch abschließend, dass mit dem Mesnang-Grabmal ausgerechnet
für die Geschichte Neuenbürgs wenig gewonnen ist, sieht man von den
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