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Juristen und Humanisten. Dabei ist ihm, obwohl er den ganzen Text in ungewohnter
Weise auf den Kopf stellte, das Kunststück gelungen, inhaltlich nur „matrona" durch
„munda frugalitas" zu ersetzen und den hochtrabenden Amtstitel des Freundes wegzulassen
. Unklar bleibt dabei, ob letzteres durch das Format der Platte bedingt war
oder ob Schwanbach dadurch vor dem Vorwurf der Ruhmsucht bewahrt werden sollte
. Der fundamentale Unterschied beruht somit einzig im Syntaktischen, indem der
Name der Verstorbenen unter Voranstellung eines langen Relativsatzes erst am
Schluss genannt wird, nachdem ihre Tugenden gepriesen und die Lebensumstände
mitgeteilt worden sind. Was liegt näher, als zu vermuten, dass Basilius dabei dem
Vorbild folgte, welches er auf dem Epitaph fand, das sein Vater 1544 für die ganze
Familie, die Lebenden und Verstorbenen, im kleinen Kreuzgang der Kartause hatte
anbringen lassen.32 Sollte er in einem seiner Briefe den Freund auf diesen Zusammenhang
, dieses Vorbild hingewiesen haben, zumal er wusste, dass Schwanbach
1556 die Kartause besucht hatte und diese in bester Erinnerung behielt?
Zu Schwanbachs Erasmuskult und zu seiner Persönlichkeit
Klar scheint jedoch eines: Hinter dem ganzen Unternehmen stand als Vorbild
das Erasmusepitaph im Basler Münster. Als Schwanbach es 1556 sah, war es noch
einsamer Zeuge der humanistischen Funeralkunst im weitgehend von Bildwerken
gesäuberten Münster. Nur im Kreuzgang gab es zusätzlich die Reformatorentafel,
gleichsam das reformatorischer Konkurrenz entsprungene Parallelmonument, jedoch
an Material minderwertig und durch Ratsbeschluss ohne Farbschmuck. Vielleicht
ebenda, als erster, noch einsamer Basler Zeuge neuer Grabmalkunst das Epitaph
des durch seine Kosmographie berühmten Sebastian Münster. Bekannt ist in
diesem Zusammenhang nämlich, dass sich Schwanbach im Nachgang zur Autopsie
von 1556 eine Abschrift des Erasmusmonuments herstellen ließ und sich vom
Freund zusätzlich ein Erasmusbrief-Autograph, versehen mit dem Abdruck des
Terminussiegels, wünschte. Zusätzlich bestürmte er Basilius während Jahren mit
der Bitte um eine Abschrift des Erasmustestaments, das ihm Bonifacius einst 1556
gezeigt hatte.33 Erst 1567 wurde diese durch Basilius gegen das heilige Versprechen
gewährt, die Abschrift geheim zu halten. Lauter Belege für eine Geisteshaltung
, die man als Erasmuskult bezeichnen möchte. Deshalb fällt es nicht schwer,
in der Errichtung des Monuments für die Mutter eine Art Nachvollzug der Erstellung
des Erasmusepitaphs, die sein Freund als Knabe miterlebt hatte, zu sehen.
Darauf deutet schon die Beschaffung des Steins hin, die mit derjenigen für das
Erasmusepitaph übereinstimmt: teurer Marmor aus der Münsterbauhütte. In dieses
Bild passt ferner der oben erwähnte, scheinbar nebensächliche Hinweis auf dieses
Monument in einem Brief an Basilius.
Dieser gesamte Nachvollzug, ermöglicht durch große Finanzkraft, scheint uns indessen
unangebracht, ja übertrieben nur schon hinsichtlich des unvergleichbaren
Rangs der zu ehrenden Personen, ja geradezu angeberisch-skurril, umso mehr, als es
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