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großen und kleinen lateinischen Alphabet, welche als Abwehrmaßnahme gegen den
Pestdämon verstanden wird. Die Glocke wurde 1692 gegossen, als laut Inschrift Sebastian
Koger Vogt und Paulus Vogler (Föckler) Pfarrer war.47
Zell i. W.
Spärlich sind die Bemerkungen über die Pest in Zell und seinen Nachbarorten,
oder es wird gar nichts berichtet, wie zu Adelsberg, Gresgen, Marnbach, Pfaffenberg
, auch Häg und Ehrsberg. In Zell selbst wird in den Jahren 1609-1611 die Pest
gewesen sein, denn die Bewohner gelobten eine Votivkapelle, die spätestens 1616 errichtet
wurde. Bis zu ihrer Beschädigung 1904 stand sie an der Schopfheimer Straße
, dann wurde sie abgebrochen. Auch Alzenbach hatte eine Kapelle, in der der
Pestheilige Sebastian neben dem heiligen Fridolin verehrt wurde. In den Zeiten der
Säkularisation, vermutlich 1810, wurde die Kapelle für nicht mehr nötig gehalten.
Mitten im Dreißigjährigen Krieg, als in Schopfheim die Pest herrschte, kann sie
auch im Zeller Gebiet, sogar in dem abgelegenen Dorf Riedichen, aufgetreten sein.48
Binzen
Bevor Pfarrer Paul Cherler (1565-1600) in Binzen sein Amt antrat, kehrte er aus
Otlingen nach Basel zurück und verfasste dort für vier an der Pest verstorbene Pfarrer
deren Nachrufe: D. Thomas Grynäus, Superintendent in Rötteln; Anton Geiler,
Diakon in Rötteln; Samuel Cellarius, Magister in Lörrach, Joh. Mittler in Wittlingen
und Konrad Schegg in Weil. Aber die Pest verfolgte ihn weiterhin. 1595 notiert er
das Schicksal der Familie Peter Maurers. An der Pest starben seine Frau, ein Kind,
die Schwiegermutter, welche die Dorfhebamme war, und ein Knecht. Sein Bruder
Heini versuchte, zwei weitere Töchter zu retten, aber er nahm die Pest mit nach
Hause, wo er und eines der Mädchen daran starben. Der Versuch der Behörde, die
Pest einzudämmen durch eine Verordnung, niemand dürfte das Dorf verlassen, hatte
wahrscheinlich wenig Erfolg. Vielleicht hat es das benachbarte Eimeidingen dieser
Verordnung zu verdanken, dass keine Pestfälle bekannt sind. Als um Pfingsten des
Jahres die Pest nachließ, trat nur eine kurze Pause ein, nach drei Wochen setzte sich
das Sterben fort. Dem Pfarrer blieb nur der Seufzer: „Ach Gott sei gnädig!" Wie sich
die kommenden Pestzeiten auswirkten, kann nur vermutet werden. Mit dem Flurnamen
Totengrund verbindet sich eine Sage, die von vielen anderen Orten immer wieder
erzählt wird. Der geschichtliche Hintergrund ist immer derselbe. Es gibt eine
Mutterkirche, und dorthin bringen die Filialgemeinden ihre Toten zur Beerdigung. In
Seuchenzeiten transportiert der Totengräber oft einen Wagen voll geladen mit Leichen
. In der Sage fällt eine Leiche vom Wagen, die er liegen lässt, in der Meinung,
am nächsten Tag hätte er mehr Platz auf dem Wagen. Das geschah auch hier, als ein
Sarg mit einer Pestleiche herunter fiel.49
Fischingen
Im Dreißigjährigen Krieg entvölkerten Krieg und Pest Fischingen so sehr, dass
es zu einer Filialgemeinde Schallbachs wurde. Insgesamt verlor das Dorf in die-
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